Die kirchliche Kunst der Barockzeit

Sie steht in katholischen Landen unter dem Einfluss des Jesuiten-Stils. Die Kirchengeräte werden zur prunkvollsten Repräsentation gesteigert. Die silbernen Altäre des Mittelalters und der Renaissance waren Altaraufsätze von mäßiger Höhe, die Barockkunst türmt sie bis zur Decke der Kirche empor mit Säulen, Gebälk und lebensgroßen Figuren. Für die reichen Ausladungen und flatternden Gewänder ist die Treibe-Arbeit in Silberblech eine willkommene Technik, die zu großer Meisterschaft für breite dekorative Wirkung entwickelt wird, so an dem großen Altaraufbau mit dem Sarg des heiligen Nepomuk in Prag. An die Stelle des älteren architektonischen Sakramenthäuschens treten große Engelsgruppen aus Silber, welche den. Schrein schwebend empor zuhalten scheinen. Die Altarleuchter wachsen auf zwei Meter Höhe heran, auch diese in getriebener Arbeit mit breitem, dreikantigem Sockel, an allen Teilen mit stark herausgearbeitetem Blumenwerk bedeckt. Statt der zwei Altarleuchter des Mittelalters nunmehr eine geschlossene Front, öfters in mehreren Reihen von steigender Größe. In ähnlicher Weise sind auch die Ampeln gestaltet: Die eigentliche Glasschale mit der ewigen Lampe wird von einem kugelförmigen Körper von oft 50 cm Durchmesser getragen. Der Reliquien-Kult ist etwas zurückgetreten und für künstlerische Aufgaben weniger ergiebig. Statt des kapellen-artigen Sarkophags sind Glaskästen beliebt. Beibehalten bleiben die mehr statuarischen Formen, die Büsten und ganzen Figuren, in Silber getrieben, zumeist mit Steinen reich besetzt. Das Kruzifix scheidet aus der Silberarbeit fast ganz aus, der Körper wird vorzugsweise aus Elfenbein gebildet und auf Ebenholz aufgelegt, es bleibt zumeist nur der Sockel zu verzieren. Die Monstranz wächst zu erstaunlicher Größe. Statt des gotischen Türmchens ist die Form einer Sonne beliebt, in deren Strahlen sich jegliche Art von Blumen- und Figurenwerk hinein flicht. Da die Monstranz in die Höhe gehoben wird und ein gewisses Gewicht nicht überschreiten darf, so wird die Kunst des Treibens aus dünnstem Blech zu größtmöglicher Wirkung in Anspruch genommen. Prachtvolles Stück in üppigstem Rokoko die 94 cm hohe Monstranz in Villingen von 1760. Der Materialwert ist bei dieser Arbeit ein geringer und wird gern durch Hinzufügen von Steinen erhöht: Die Schenkungen an Juwelen, ursprünglich weltlicher Bestimmung, welche früher den Reliquien zugute kamen, finden jetzt auf der Monstranz ihren Platz.

Der Kelch

Auch der Kelch wird zu höchster Pracht gesteigert. Die Kuppa bleibt dabei völlig glatt, aber Fuß, Schaft und Kelchansatz sind von Silber, häufig sogar von Gold und bedeckt mit Edelsteinen und Schmelzarbeit. Die kleinen Platten in Schmelzmalerei von ovaler Form, 3-5 cm hoch, mit Heiligen-Darstellungen, welche sich viel in unseren Sammlungen finden, rühren fast alle von Kelch- und Monstranzenfüßen her, deren Gold und Silber eingeschmolzen ist. Die Abendmahlskannen von winziger Form für Wasser und Wein bekommen ein Tablett und bewegen sich, ebenso wie die Zieraten an den Kelchen, durchaus in den Formen der jeweiligen Periode. Da die Kirche ihre Stücke besser geschützt hat als das Privatleben, so geben uns diese Kännchen mit ihren Tabletten auch in unserem Museum eine willkommene Reihe der Zierformen des 18. Jahrhunderts. Die kleineren Altargeräte, Weihrauchfässer, Büchsen für Oblaten, Weihrauch usw. machen die Formen-Bewegung mit Abgekommen sind dagegen mit der Waschung am Altar die Handbecken und Gießkannen, die Aquamanilien, statt derer man einfache Waschvorrichtungen in der Sakristei benutzt. Großer künstlerischer Luxus herrscht in den kleinen Weihwasserbehältern für das Haus, zumeist ovale Bildplatten mit kleinem Becken. Mit dem Sinken des Wertes der Bücher infolge des Buchdruckes schwindet die reiche Ausstattung. Statt der goldenen Decken der geschriebenen Evangeliare haben wir schon im 16. Jahrhundert höchstens silberne Deckel der Messbücher, solche aber auch für profane Bücher - die silberne Bibliothek in Königsberg. Dagegen bekommt das Gebetbuch, welches nunmehr jeder einzelne führt, einen prächtigen Schmuck. Vorläufer hierfür das kleine Gebetbuch in Gotha, Ende des 16. Jahrhunderts. Im 17. Jahrhundert werden die Deckel häufig aus Silber getrieben oder wenigstens mit silbernen Beschlägen und Ecken versehen. Die kleinen Taschenbücher und Kalender mit silbernen Deckeln sind zumeist nur graviert. Der protestantische Kult stellt nur geringe Anforderungen an die Goldschmiedekunst. Für die Kelche reicht an den meisten Stellen der aus katholischer Zeit ererbte Vorrat. Dagegen bedarf es bei der Spendung des Weines an die Gemeinden der Abendmahlskanne, für welche sich jedoch ein fester Typus nicht bildet. Zumeist finden wir die Form, die auch bei der Kaffeekanne benutzt wird, auf einem erhöhten Fuß und mit etwas weiterem Ausguss, mit dem gewöhnlichen Ornament der jeweiligen Periode, in welches wenig oder keine symbolische Darstellungen eingefügt sind. Zur Aufbewahrung des Brotes dient nicht mehr das monumentale Ziborium, sondern eine flache Oblaten-Büchse, der man nur in seltenen Fällen eine besondere Form gibt in den protestantischen Kirchen von Augsburg die Form der Bundeslade.

Die Stätten der Arbeit

Die Stätten der Arbeit verändern sich nicht erheblich: Es bleibt noch eine handwerksmäßige Geschicklichkeit über viele Städte Deutschlands verbreitet. Von den im großen arbeitenden Städten tritt Nürnberg zurück, Augsburg dagegen wahrhaft beherrschend in den Vordergrund. In Augsburg sammeln sich die großen Bestellungen der Höfe, hier arbeiten die Zeichner und Ornament-Stecher nach französischen Vorbildern und nach eigenen Erfindungen, hier gründen sich große Silberwarenhandlungen, welche die Waren zentnerschwer in Auftrag nehmen und ihrerseits an die ansässigen Meister verteilen.

Berühmte Meister

Diese Meister sind uns durch die Angaben des bekannten Werkes von Stetten, sowie durch ihre Zeichen an den ausgeführten Arbeiten hinreichend bekannt. Als Zeichner wird auch der berühmte Tiermaler Riedinger genannt, als Goldschmiede, zugleich Zeichner, dann die Familie Biller, zwei Albrecht Biller, Ludwig und viele andere Biller, Sebastian Mylius, welche an dem Silber für Berlin, Dresden, Moskau, Hannover gearbeitet haben: Der bekannteste Augsburger Meister dieser Zeit, Johann Andreas Thelot, 1734, da er jedes Stück seiner Hand mit vollem Namen bezeichnete.

Nach Berlin siedelten über Daniel Mannlich, als Hofgoldschmied († 1701) und sein Sohn, Otto Mannlicb. Durch erhaltene Arbeiten sind bekannt Joachim Grim aus Lüneburg, in Berlin 1676 als Meister aufgenommen, von ihm eine sehr gute silberne Schüssel im Besitz des Herrn von Wedell, Weidemann († 1668), Lieberkühn, Vater und Sohn († 1733 und 1764), beide sehr beschäftigt, Müller um 1760, dagegen war bisher nicht bekannt der Künstler des Nautilus-Bechers in Dresden, welcher die gleichzeitige Goldschmiedearbeit in künstlerischer Weise so weit überstrahlt, als Schlüters Denkmal die gleichzeitigen Standbilder. Der Verfertiger dieses Stückes, welches noch bis vor kurzem als ein Hauptwerk des 16. Jahrhunderts galt, ist der Berliner Bernhard Quippe, ein Meister, von dem wir jetzt wissen, dass er 1689 den Bürgereid leistete.

Nautliusbecher von Bernhard Quippe. Berlin um 1700. 0,31 hoch.
Nautliusbecher von Bernhard Quippe

In England kam gegen Ende des 18. Jahrhunderts in großem Maßstabe die fabrikmäßige Herstellung von plattierten Geräten auf. Die klassizistischen Formen des Empire und der Folgezeit mit den glatten Flächen und sparsamen Ornamenten waren besonders geeignet, die Technik zu entwickeln und in den übrigen Ländern zu verbreiten. Mehrere Leuchter, vorzugsweise aus England, Kanne und Sauciere aus Italien. Nach Abschluss der Freiheitskriege war Paris der einzige Ort, an dem Reichtum und ererbter Ruf die Ausbildung künstlerischer Arbeiten ermöglichten. Dort wurde die sehr in Vergessenheit geratene Kunst des Treibens, sowie die Schmelzarbeit neu belebt. Ein Künstler ersten Ranges verarbeitete Stücke, welche lange Zeit für Hauptwerke italienischer Renaissance galten.

Aus dem Tafelsilber Kaiser Wilhelms II. 0,65 hoch.
Aus dem Tafelsilber Kaiser Wilhelm II

Vechte selbst und verschiedene seiner Nachfolger, wie Morel, waren später für England tätig. In England selbst hatte schon vorher der Bildhauer und Zeichner Flaxman hervorragende Stücke entstehen lassen. Die künstlerische Silberarbeit in Deutschland ist jetzt auf eine mäßige Anzahl von Städten beschränkt. Außer Berlin sind in Norddeutschland noch Köln, Bremen und Altena zu nennen. In Süddeutschland hat München die Führung, wobei besonders die künstlerischen Errungenschaften der Spätgotik und der deutschen Frührenaissance in anmutiger Weise wieder lebendig geworden sind. Im Schloss Monbijou die in Silber getriebene Kapsel für die Adresse der Stadt München, zum 90. Geburtstage Kaiser Wilhelms I. Für die Prachtbauten König Ludwigs II. hat man auch die Formen der Barock- und Rokoko-Kunst in glänzender Weise zu verwerten gelernt. In verwandter Weise arbeiten Stuttgart und Karlsruhe. In Hanau hat der Bedarf an Nachbildungen alter Stücke eine Industrie von großer Geschicklichkeit hervorgerufen, jetzt lebendige Schule, ebenso in Offenbach und Pforzheim. Für den Mittelrhein hat Frankfurt die Führung übernommen.

Adresse der Stadt München an Kaiser Wilhelm I. 1887. 0,32 hoch.
Adresse der Stadt München an Kaiser Wilhelm I

Russisches Silber

Besondere Wege geht die moderne Silberarbeit von Russland. Sie lehnt sich an nationale Kunstwerke an, in welchen byzantinische und orientalische Motive in eigentümlicher Weise umgestaltet sind, zierliches Ornamenten-Werk von kleinstem Maßstabe, durchsetzt mit Niello, farbigen Schmelzen und eingefügten Edelsteinen: daneben die naturalistische Nachahmung bäuerlicher Formen, Brotschüsseln, Salznäpfe und ähnliches.

Die skandinavischen Länder versuchen an nordische Formen aus den Grabfunden anzuknüpfen und haben die Technik des Filigrans wieder lebendig gemacht. In Dänemark haftet daneben aus der Zeit Thorwaldsens eine Vorliebe für klassische Formen.

Die Silber- und Goldarbeit des Orients ist in früheren Zeiten in Europa nicht geachtet worden, selbst nicht zu der Zeit, als man chinesische Lacke und Porzellane am höchsten schätzte. Unsere Zeit stellt die Metallarbeiten von Japan sehr hoch und nimmt die leichte, von keiner klassischen Erinnerung beschwerte Behandlung des Pflanzenwerks zum Vorbild, besonders Amerika, das auf diesem Wege zu selbständigen Formen zu gelangen sucht.

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