Die Groschenprägung

Bereits im vorigen Paragraphen haben wir gesehen, dass im Laufe des 13. Jahrhunderts die Münze in Deutschland sich allmählich verschlechterte, indem sie an Gewicht und an Feingehalt wesentlich verlor. Die alte, auf dem Verhältnis von 1 Pfund = 20 Schillingen = 240 Denaren oder Pfennigen beruhende Zählweise wurde zwar beibehalten, doch trat an die Stelle des Pfundes die Mark und man unterschied dabei die Zählmark, auch Talent genannt, von der Gewichtsmark, da man aus letzterer oft weit mehr als 240 Stück ausmünzte. So wurden beispielsweise in der Erfurter Münzstätte um das Jahr 115o zwischen 260 und 270 , nach dem Jahre 1200 zwischen 320 und 330 , um das Jahr 1300 aber sogar zwischen 600 und 700 Pfennige aus der Mark geprägt, wozu in dieser Zeit noch eine erhebliche Verringerung des Gehalts der Münzen trat. Der Grund dieser fast allgemeinen Münzverschlechterung lag darin, dass im Laufe der Zeit die Zahl der weltlichen und geistlichen Fürsten, welche das Münzrecht vom Kaiser erhalten hatten oder auch aus eigener Machtvollkommenheit sich anmaßten, immer mehr zunahm, und dass viele Münzherren dasselbe in missbräuchlicher Weise und zu ihrem Vorteil ausübten. So war es meistens ein beliebtes Verfahren der Machthaber, die gangbare Münze in außerordentlich kurzen Perioden, meist schon nach Jahresfrist, zu verrufen, das heißt für ungültig zu erklären und durch Stücke von geringerem Gehalt zu ersetzen. Das Publikum musste sich bei dem Umtausch oft einen ganz unverhältnismäßig hohen Abzug gefallen lassen, indem man für die abgelieferten alten eine weit geringere Zahl neuer Stücke gab. In Brandenburg betrug dieser Abzug zeitweise sogar 25 Prozent, da der Eigentümer für 16 alte Pfennige nur 12 neue Pfennige empfing.

Der Groschen verlor in Frankreich stark an Wert

Noch schneller als in Deutschland verringerte sich in Frankreich, wo ebenfalls lange Zeit nur nach Denaren (deniers) gerechnet wurde, der Wert derselben, und man ging dort daher in der ersten Hälfte des dreizehnten Jahrhunderts dazu über, Stücke zu 12 Denaren, also wirkliche Schillinge zu prägen. Man bezeichnete dieselben indessen nicht mit dem diesem Namen, sondern nannte sie im Gegensatz zu den sehr dünn gewordenen Denaren „num grossi“ (Dickmünzen) und nach der Stadt Tours, wo sie zuerst geprägt wurden, „grossi turonenses“, „gros tournois“. Sie führten auf der einen Seite eine kirchenähnliche Figur, wahrscheinlich das Zeichen von Tours, und die Umschrift turonus civi(ta)s, umgeben von einem Kranz von Lilien und auf der andern Seite das gewöhnliche Zeichen der christlichen Könige des Mittelalters, nämlich ein gleichschenkliges Kreuz und um dasselbe in zweizeiliger Umschrift den Namen und Titel des Königs, sowie in abgekürzter Schreibart und in lateinischer, jedoch mit einzelnen Mönchsschrift-Buchstaben gemischten Schrift die Worte: „benedictum sitnomen donum. nostri Jesu Christi.“ Diese Münzsorte, welche von gutem Gehalt und gutem Gepräge ist, war lange Zeit auch außerhalb Frankreichs sehr beliebt und wurde im vierzehnten Jahrhundert in den Niederlanden und in den Rhein-Gegenden, wo sie den Namen Tournosgroschen oder Turnosen erhielt, genau mit den ursprünglichen Typen vielfach nachgeahmt. In Deutschland, wo neben der allgemeinen Münzverschlechterung auch die bei den steigenden Verkehrsverhältnissen immer mehr hervortretende Zweckmäßigkeit der Brakteaten eine Verbesserung der Münzprägung besonders dringend machte, trat dieselbe erst mit Ablauf des dreizehnten Jahrhunderts ein. Um diese Zeit ließ nämlich König Wenzel II. von Böhmen (1278-1305) geschickte Stempelschneider aus Italien nach Prag kommen und eine neue Gattung Silbermünzen prägen, deren 60 auf die Mark fein gingen. Sie erhielten ebenso wie die oben gedachten Turnosen im Gegensatz zu den bisher in Böhmen gangbar gewesenen Brakteaten den Namen „numi grossi“, insbesondere nach der Prägestätte, aus welcher sie hervorgingen, die Bezeichnung „gross pragenses“, woraus später das „czechische groschzi“ und der deutsche Groschen abgeleitet wurden. Die Prager Groschen hatten auf der Hauptseite eine Krone mit einer zweizeiligen Umschrift, auf der Rückseite den böhmischen Löwen und die Aufschrift. Sie wurden rasch sehr beliebt und mit entsprechend abgeänderten Typen in den Nachbarländern, zuerst in Sachsen, später im größten Teile Deutschlands wie auch in Polen nach geprägt. Daneben kursierten als Teile der Groschen Hohlpfennige und zweiseitig geprägte Pfennige, doch wurden deren später nicht immer 12, sondern bisweilen auch 8 oder 16 Stück auf den Groschen gerechnet. Weitere Scheidemünzen waren die halben Pfennige, in Süddeutschland Heller genannt (nach der Stadt Hall in Schwaben, wo sie zuerst oder in besonders großer Menge geprägt wurden), ferner in Niedersachsen die Scherfe sowie die vorzugsweise in Süddeutschland und Österreich gebräuchlichen Kreuzer oder Vierpfennigstücke, welche unter dem Namen Etscherkreuzer zuerst in Tirol auftauchten. Ihren Namen erhielten diese Münzen von zwei ihnen aufgeprägten, schräg über einander gelegten Kreuzen.

Der Prager Groschen

Die ersten Prager Groschen, deren, wie bereits erwähnt, 60 auf die feine Mark gingen, waren aus Silber. Im Laufe der Zeit verringerte sich indessen der Gehalt der Groschen beträchtlich. So ließ zum Beispiel der Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg im Jahre 1463 durch seinen Münzmeister Gyse Brewitz in Neustadt-Brandenburg 92 Groschen aus der Mark aus Silber schlagen. Gleichzeitig mit der Einführung der Groschen bürgerte sich die Rechnung nach Schock Groschen ein, wobei man jedoch mit Rücksicht auf die Verschiedenheit des Gehalts derselben die Gattung, zum Beispiel böhmische, meißnische, brandenburgische Groschen usw., wohl unterschied. Auch gab man den Groschen außer nach dem Münzherrn oft nach der Münzstätte, dem Gepräge, dem Gehalt, der Größe usw. verschiedene zusätzliche Bezeichnungen. Genau genommen trat jetzt bei der immer wachsenden Zahl der Münzberechtigten eine große Mannigfaltigkeit im Gepräge ein, doch blieb dasselbe nicht immer so gut, wie bei den ältesten Prager Groschen. Die Aufschrift der Groschen war, wie bei allen Münzen des Mittelalters, lateinisch, die Schrift selbst gotisch (Mönchsschrift). Von den während der in Rede stehenden Periode am häufigsten vorkommenden und bekanntesten Groschenarten seien hier folgende erwähnt: Die meißnischen Breitgroschen wurden zuerst von Markgraf Friedrich dem Freudigen seit 1315 oder 1318 nach dem Muster der Prager Groschen geprägt. Sie sind von feinem Gehalt und führen auf der einen Seite den meißnischen Löwen mit einer Umschrift, auf der andern ein großes, an den Enden mit Lilien verziertes Kreuz in einer vier-bogigen Einfassung. In den Winkeln des Kreuzes befinden sich die Buchstaben C. R. V. X. und eine Umschrift. Von den Nachfolgern Friedrichs wurden diese Groschen mit geringen Variationen und unter Hinzufügung kleiner Beizeichen, als Kreuzchen, Ringel usw. noch längere Zeit fort geprägt, doch blieb ihr Feingehalt nicht gleichmäßig. Wenig unterschieden von diesem Gepräge sind auch die sogenannten Fürstengroschen, welche gegen Ausgang des vierzehnten, sowie die neuen Fürstengroschen, welche zu Anfang des fünfzehnten Jahrhunderts von den Markgrafen von Meißen geprägt wurden. Auf Ersteren ist neben dem Löwen ein gotisches b angebracht, dessen Deutung nicht bekannt ist, während bei Letzteren der Löwe nicht frei steht, sondern sich in einem Schilde befindet. Man nannte daher die neuen Fürstengroschen auch „schildige Groschen“. Denselben Namen oder die Benennung Landsberger Groschen führt ferner eine von den Markgrafen von Meißen um 1400 geprägte Gattung Groschen, auf welchen neben diesen Typen noch das Landsberger Wappenschild angebracht ist. Einmal auf der Vorderseite neben dem Kreuz und dann auf der Rückseite, wo es von dem Löwen gehalten wird. Nach Letzterem wurden sämtliche Groschen von markgräflich meißnischem Gepräge auch mit dem Namen Löwengroschen bezeichnet. Im Jahre 1423 verlieh König Sigismund Friedrich dem Streitbaren, Markgrafen von Meißen, das Herzogtum Sachsen sowie die Kurwürde, doch tritt die Umschrift erst später auf. Ebenso kommt das kursächsische Wappen erst 1457 auf den sächsischen Groschen vor; die ersten derartigen Groschen, auf welchen sich die Kurschwerter befinden, wurden daher auch Schwertgroschen genannt. Ferner gibt es noch eine Reihe anderer Benennungen, welche der Volksmund nach gewissen Eigentümlichkeiten des Gepräges und des Münzbildes, nach dem Namen der Prägestätte, dem Zweck ihrer Prägung aus den, im fünfzehnten Jahrhundert geschlagenen, sächsischen Groschen beilegte. So hieß eine Gattung derselben nach dem auf dem Wappen befindlichen, einen bärtigen Kopf darstellenden Helm-Kleinod, welchen ersteren der gemeine Mann für einen Judenkopf ansah, Judenkopf- oder bärtige Groschen. Eine andere Gattung wurde aus ähnlichem Grund Horngroschen genannt. Ferner gab es Silber- oder Spitzgroschen, welche ihren Namen teils von dem feineren Gehalte, teils von den Spitzen des das Wappen umgebenden Dreipasses erhielten. Zinsgroschen, so genannt, weil gewisse Abgaben in denselben geleistet werden mussten, Schockgroschen, weil deren 60 Stück auf einen Goldgulden gerechnet wurden u.a.m.

Der „Engelgroschen“

Am verbreitetsten und wegen ihres feinen Gehaltes und guten Gepräges besonders beliebt waren die „Schreckenberger“ oder „Engelgroschen“, welche von dem Kurfürst Friedrich dem Weisen in Gemeinschaft mit den Herzögen Albrecht und Johann oder Georg und Johann geprägt wurden. Sie führen auf der Hauptseite einen Engel, welcher das Schild mit den Kurschwertern vor sich hält und als Umschrift die Namen der Münzherren, auf der Rückseite das fünf-feldige sächsische Wappen sowie eine Umschrift. Diese Namen haben die Groschen von dem „Schreckenberge“ bei Annaberg, dessen im Jahre 1492 entdeckte reiche Silbergrube das Metall zur Ausprägung der neuen Groschen lieferte. Der Name Engelgroschen wurde von dem beschriebenen Gepräge abgeleitet. Eine den meißnischen und sächsischen Groschen in Bezug auf das Gepräge weit nachstehende Groschenart des Mittelalters sind die im vierzehnten Jahrhundert in Goslar geschlagenen sogenannten Bauerngroschen, welche auf der einen Seite ein Schild mit dem Reichsadler und darüber einen Helm mit Krone, auf der andern Seite, als Schutzheilige der Stadt, die Apostel Simon und Judas in ganzer Figur tragen. Ihren Namen haben sie erhalten, weil der gemeine Mann die meist äußerst mangelhaft ausgeprägten Apostel mit ihren Stäben für Bauern mit Knütteln ansah. Später prägte man in Goslar Münzen, auf welchen der Apostel Matthias mit einem Beile, dem Werkzeuge seines Märtyrertodes, dargestellt war, und man nannte dieselben daher „Matthiasgroschen“ oder „Matthier“. Dieselben wurden in der Folge in Hildesheim, Hannover, Osterode und andern hannoverschen Städten vielfach nach geprägt, und wenn auch ihr Wert im Laufe der Zeit vielfache Wandlungen erfuhr, so hat sich doch die Benennung Matthier in den betreffenden Gegenden bis auf die neueste Zeit erhalten. Eine gegen Ausgang des Mittelalters in Deutschland, am Rhein sehr häufig vorkommende Münzbenennung war ferner der Albus Weissgroschen. Man legte diesen Namen in der Regel solchen Münzen bei, welche sich ursprünglich durch die weiße Farbe, also durch bessern Gehalt vor andern Münzen auszeichneten, doch führten sie später, wenn sie zu viel Kupferzusatz enthielten, ihren Namen oft mit Unrecht.

Der Mariengroschen

Gegen Ende des Mittelalters kamen die Mariengroschen auf, deren Typus weite Verbreitung fand und die sich in den ehemals braunschweigischen III Mariengroschenstücken zusammen mit den alten 1/12 Taler-Stücken fast bis heute erhalten haben. Sie wurden zuerst im Jahre 1505 in Goslar geprägt und trugen das Bild der Jungfrau Maria mit der wechselnden Umschrift Maria mater gracie, Maria mater Domini, Maria mater Christi, Conserva nos Domina etc. Man prägte sie dann in den braunschweigischen und hannoverschen Ländern, später auch in Westfalen und am Rhein vielfach nach, doch bewahrten sie in der Folge nicht mehr den ursprünglichen Typus, sondern nur noch den Namen, welcher ihnen mit Hinzufügung der Wertziffer I, II, III, IV, VI, XII, XIIII aufgeprägt wurde. Noch neueren Ursprungs als die Mariengroschen sind die „Maly-Gross“ oder „Maleygroschen“ (kleine Groschen), welche im 16. Jahrhundert in Böhmen, sowie die Kaisergroschen genannten Dreikreuzerstücke, welche im 16. und 17. Jahrhundert von den österreichischen Kaisern für ihre Kronländer geschlagen wurden. In Niedersachsen, in Ostfriesland, Oldenburg und Bremen, wurde der Groschen „Grote“ genannt. Auch in außerdeutschen Ländern begegnen wir während des Mittelalters und später dem Groschen oder wenigstens Münzen, deren Name auf denselben Wortstamm zurückzuführen ist. So in England dem „groat“, in Frankreich den bereits früher erwähnten „gros tournois“ und dem „gros blanc“, in Italien dem „grosso“, in Russland dem „grapsch“. Dagegen kam der Groschen, so weite Verbreitung er auch sonst hatte, in einzelnen Teilen Deutschlands, besonders in den Küstenländern der Ostsee zum Beispiel in Mecklenburg, Pommern usw. während des Mittelalters nicht in Gebrauch. Kurantmünze in den gedachten Ländern wurde vielmehr der Schilling, während Witten (Weisspfennige) und Scheidemünzen waren.

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