Christliche Münzen

Selbst der neuesten Zeit, die doch nichts weniger mit ihren Münzen bezweckt, als religiöse Gesinnung zu verbreiten, haftet noch ein letzter Rest von dem „sakralen Charakter" der Münze an. Der Madonnen-Typus hat sich in Bayern bis 1870, in Ungarn bis 1850 erhalten und als Randschriften finden wir Sprüche wie: „Gott segne Sachsen", „Gott mit uns", „Dieu protZse la France" noch bis zum Anfang des 20. Jahrhunderten vor. Auch der mohammedanische Orient setzte bis dahin, wie in den zwölf Jahrhunderten seiner Vergangenheit, die Anrufung Gottes und seines Propheten auf seine Münzen und bezeichnet sein Geld gern als „im Namen Gottes geprägt“. Ihm untersagt bekanntlich der Koran, entsprechend dem 2. Gebote Moses, figürliche Darstellungen, insbesondere die Bildnisse. Doch wie die mohammedanische Kunst sich auch sonst zuweilen, z. B. an dem Kalifenschloss Kossair Amra, von diesem Verbot ausschließen lies, kennen wir auch eine Anzahl orientalischer Münzen und Medaillen mit bildlichen Geprägen, mit denen wir uns später beschäftigen werden (s. Abb. 70 u. 82).

Die Einwirkung der Kirche reichte jedoch weit über diese Äußerlichkeiten hinaus, sowohl in Bild und Aufschrift und in ihrem künstlerischen Einfluss, dem wir in den folgenden Abschnitten mehrfach begegnen werden. Bekanntlich hat die Kirche von Anfang an die Berufung in sich gefühlt, sich der Armen und Geringen, der Bedürftigen und Bedrängten, der „wirtschaftlich Schwachen", wie wir heute sagen, anzunehmen und musste sich unter diesem Gesichtspunkt auch mit Geld und Münze befassen.

Der große Lehrer Thomas von Aquino (1225-1274), der „Doctor universalis", der „Vater der Moral", hat in seinem Werke „De regimine principum" die Grundsätze entwickelt, die für Anschauung und Handlungsweise der Kirche für eine sehr lange Zeit maßgeblich blieben. Er anerkennt vorbehaltlos die Wichtigkeit und die Notwendigkeit der Münze für das menschliche Leben, das durch ihren Gebrauch seine Richtschnur empfängt, wie für jede Herrschaft, die aus ihr die verschiedensten Einkünfte zieht. Die evangelische Erzählung vom Zinsgroschen wird hier wohl zum ersten Mal herangezogen und dann der Charakter der Münze als „mensura", als Maß einer Leistung, wie als „ornamentum", als Ehrenschmuck des Königs dessen Bild sie trägt, erörtert.

Herrscher werden moralisch dazu angewiesen, die Münzprägung nicht auszunutzen!

Aus diesem Charakter folgt, dass der Herrscher zwar sich seines Rechtes am Münzschlag bedienen darf, er soll sich aber bei Veränderung der Münze und sich bei der Herabsetzung von Schrot und Korn ermäßigen, denn sonst schädigt er sein Volk und das ist nach den Sprüchen Salomons (20, 10.) „dem Herrn ein Gräuel“. Das wird dann mit dem Wortspiel „moneta monet mentem, ne fraus sit inter homines", wie unter Bezugnahme auf Moses der seinem Volke auch Maße gesetzt hat und den salomonischen Spruch (Weisheit 11, 21.), dass Gott alles mit Maß, Zahl und Gewicht geordnet habe, näher ausgeführt. Andere geistliche Schriftsteller haben den Fürsten erheblich schärfer zurecht gewiesen. Schon in der Chronik des Kosmas von Prag (1045-1125) findet sich als Testament Boleslaws III. Eine, wohl einer Tendenzschrift entstammende, Parabase in der es u.a. heißt: „Fürwahr keine Landplage, keine Pest, keine Wut der Feinde kann dem Volke Gottes so verderblich sein als die oftmalige Abänderung und betrügerische Verschlechterung der Münze. Welches Unglück oder welche höllische Furie beraubt, verdirbt, reibt die Christen so unmenschlich auf, als ein Fürst, der seine Untertanen mit falscher Münze hintergeht? Und doch werden in der Folge der Zeiten, wenn die Gerechtigkeit schwindet und die Bosheit zunimmt, Fürsten aufstehen, nicht Fürsten, sondern Räuber, nicht Beherrscher des Volkes Gottes, sondern gewissenlose Eintreiber, unersättliche geizige Menschen ohne Barmherzigkeit und Gottesfurcht, welche drei- bis viermal im Jahre die Münze zum Schaden des Volkes abändern und eben dadurch in die Fallstricke des Teufels geraten werden."

Zu diesen offenbar vom Zorn über eigene Erlebnisse eingegebenen Worten passt genau die Handlungsweise der Kirche, ihrer Leiter und Diener. Schon Thomas von Aquino berichtet vom Einschreiten des Papstes (Innocenz III.) gegen einen König von Aragonien (Peter II.), der seine Münze zum Schaden des Volkes geändert hatte und dessen Sohn er unter Entbindung von dem dem Vater geleisteten Eid, an der neuen Münze festzuhalten, zur alten zurückzukehren zwang. Ein Bischof war es, der sich zum Wortführer der Beschwerde über das elende Geld Philipps des Schönen von Frankreich machte. Dante stellte diesem König, den er als einem Fälscher darstellte, die Hölle in sichere Aussicht. Mit ihm gemeinsam sollte dorthin auch ein Fürst von Serbien verbannt werden.

Reichtum galt im 14. Jahrhundert als etwas unmoralisches!

Neben dieser wiederholten und praktisch verwerteten Theorie des Kirchenrechts verdient dann noch eine mehr dem Gebiet der kirchlichen Moral angehörige Anschauung eine Erwähnung. Christi Lehre war nicht für die Reichen bestimmt gewesen. Eher mochte ein Kamel durch das sprichwörtliche Nadelöhr gehen, als ein Reicher in den Himmel kommen. Das Geld wurde daher, so wenig die Kirche oder sonst irgendwer sich seiner hätte entledigen können, als etwas Verächtliches, als eine Erfindung und ein Werkzeug des Teufels angesehen, dessen Besitz eigentlich besser zu vermeiden gewesen wäre. In Italien, durch dessen Häfen der Welthandel floss, hieß das Geld schon im 15. Jahrhundert „Wurzel“, „Lock-Speise“, „Nahrung“ und „Mittel zu allen Dingen“ und ein Florentiner konnte den Vergleich der göttlichen Weltregierung mit einem gut geleiteten Geschäftshaus wagen. In Deutschland allerdings galt die Geldwirtschaft noch lange als Wucher, gegen den der leidenschaftliche Wortführer der ritterlichen Grundherren, Ulrich von Hutten, ebenso heftig eiferte wie der Bauernsohn Luther, der es für göttliches Tun erklärte, das Ackerwerk zu mehren und die Kaufmannschaft zu mindern. Es ist daher außerordentlich bezeichnend, dass Münzbücher des 16. Jahrhunderts, bestimmt die Kenntnis der umlaufenden Sorten zu fördern, am Schluss ein Gespräch zwischen „Paupertas" und „Pecunia" abbilden, in der erstere der letzteren eine Menge harter Dinge sagt und sie eigentlich für alle Sünde und alles Unglück verantwortlich macht, so dass die arme Pecunia endlich in die Klage ausbricht: „Ach dass ich bin gemacht zum Geld! Wie plagt mich doch die ganze Welt. Muss jedermanns Schanddeckel sein und stecken in der Sünd´ unrein.“ Noch im 18. Jahrhundert ist dieses Opus modern gewesen und z. B. Joachims Neueröffnetem Groschenkabinet (1749 ff.) beigegeben worden. Auf diesem Boden ist insbesondere die heuchlerische Rücksichtnahme auf „das liebe Armut", mit der im 17. Jahrhundert die Prägung immer geringerer und schlechterer Münze in amtlichen Auslassungen begründet wird, gewachsen. Inwieweit diese Anschauungen den Verkehr beeinflusst haben, kommt im vierten Abschnitt zur Sprache, während im sechsten der Anteil des Glaubens und der Religion an gewissen Erscheinungen des öffentlichen Lebens, insbesondere auch an der Prägung von Schau- und Gedenkmünzen, erörtert wird.

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