Die verschiedenen deutschen Stämme traten bekanntlich im Laufe des dritten Jahrhunderts n. Chr. den Römern gegenüber in größere Gemeinschaften zusammen und bildeten schließlich vier große Völkergruppen, welche sich oft zu gemeinsamen Unternehmungen einigten und bestimmend in den Lauf der Geschichte eingriffen. Es waren dies im Osten und Südosten Deutschlands die Goten, zu deren Bund auch die Heruler, Rugier, Vandalen, Gepiden usw. gehörten, im Südwesten (vom Oberrhein bis zur Lahn) die Alemannen, deren ungestümer Kriegsmut den Römern viel zu schaffen machte, im Norden die Sachsen, welchen sich die Chauken, Angeln und andere Küstenvölker anschlossen und am Niederrhein die Franken, zu welchen die Cherusker, Katten, Brukterer, Sigambrer usw. gehörten. Von diesen Völkern waren für die Kultur am empfänglichen die Goten, bei welchen auch das Christentum zuerst Eingang fand. Ihr Bischof Ulfilas übersetzte bekanntlich schon um 370 n. Chr. die heilige Schrift. Eigene Münzen prägten indessen, wie wir bereits oben gesehen haben, die Goten erst, nachdem sie Italien erobert beziehungsweise römischer Provinzen sich bemächtigt hatten. Die Sachsen und Angeln setzten bekanntlich 449 n. Chr. unter Hengist und Horsa nach Britannien über. Sie fanden dort christlich-römische Kultur , verdrängten dieselbe aber und setzten die Barbarei des Heidentums an ihre Stelle. Erst im sechsten und siebenten Jahrhundert, nachdem das Christentum in England wieder Eingang gefunden hatte, entwickelte sich auch die Kultur unter den Angelsachsen und es rühren daher die ersten angelsächsischen Münzen aus dieser Zeit her. Im zehnten und elften Jahrhundert, unter Ethelred II. und Eduard dem Bekenner, ebenso unter der Herrschaft des Dänenkönigs Kanut des Großen (1017-1035) fanden, wie bereits im § 21 angedeutet ist, die englischen Münzen die weiteste Verbreitung. Die Alemannen besaßen keine eigenen Münzen und mögen sich, da sie mit den Römern am meisten in Berührung kamen, unter den germanischen Stämmen vorzugsweise der römischen Münzen bedient haben. Nach ihrer Unterwerfung unter die Franken (496) werden auch die Münzen der letzteren bei den Alemannen Eingang gefunden haben. Die Franken kamen bereits im dritten Jahrhundert mit den Römern in nähere Berührung und waren bald Feinde, bald Bundesgenossen derselben. Allmählich drangen sie indessen von Belgien aus immer tiefer in Gallien ein und siedelten sich dort dauernd an. Im Jahre 486 besiegte Chlodwig, König der salischen Franken aus dem Geschlecht der Merowinger, den römischen Statthalter Syagrius in der Schlacht bei Soissons und vernichtete dadurch den letzten Rest der Römer-Herrschaft in Gallien. Dann verband sich Chlodwig mit den ripuarischen Franken, unterwarf die Alemannen, Burgunder und andere Völker und herrschte nun über ein mächtiges Reich, welches vom Meer bis zur Garonne reichte und östlich mit den Friesen, Sachsen und Thüringern grenzte. Den Römern gegenüber, welche in Gallien römische Sitte und Kultur verbreitet hatten, waren die Franken milde. Sie ließen nicht nur ihre Einrichtungen und Rechte, soweit es sich mit dem germanischen Wesen vertrug, bestehen, sondern nahmen selbst manche Gebräuche, insbesondere höhere Kultur von den Römern an. Hierzu kam, dass die Frankenkönige ebenso wie die Fürsten anderer Völker im Anfang des Mittelalters noch gewohnt waren, ihre Blicke auf Konstantinopel zu richten und die Oberhoheit des oströmischen Kaisers, wenn auch nur dem Namen nach, anzuerkennen. So nahm Chlodwig, um seinen Thron durch Anerkennung von Seiten des Kaisers auch mit dem Scheine der Gesetzmäßigkeit zu umgeben und seinen neuen Untertanen gegenüber als rechtmäßiger Herrscher zu erscheinen, von Anastasius selbst die römische Konsul-Würde an. Diesen Verhältnissen, sowie dem Umstand, dass die Franken noch einen ausreichenden Vorrat römischer Münzen in Gallien vorgefunden haben mochten, dass ferner die letzteren seit Jahrhunderten die einzigen allgemein gangbaren Münzen waren, und dass endlich die Franken selbst sich im Großverkehr des Barrengeldes bedienten, ist es zuzuschreiben, dass ihre Könige in Gallien anfänglich keine eigenen Münzen schlugen, wenigstens sind keine auf uns gekommen, welche Chlodwig oder seinen Söhnen mit Sicherheit zuzuweisen wären.
Auch waren, als die folgenden Könige in den von ihnen in Gallien vorgefundenen römischen Münzstätten eigene Münzen zu prägen anfingen, letztere einfache Nachahmungen der Münzen des römischen Staates, versäumten sie nicht, das Brustbild der Kaiser auf ihre Münzen zu setzen, doch wird dies unter den inzwischen veränderten politischen Verhältnissen kaum mehr als ein Zeichen der Abhängigkeit von den Kaisern zu betrachten, sondern dadurch zu erklären sein, dass die römischen Münzen, insbesondere Münzen aus Gold, die allgemein gangbaren waren, und dass man, um den eigenen Münzen Eingang zu verschaffen, genötigt war, die römischen Typen zunächst beizubehalten. Später ging man einen Schritt weiter, indem die fränkischen Könige den gewohnten Typen ihr Monogramm hinzufügten. Dann setzten sie statt des kaiserlichen ihren eigenen Namen auf die Münzen und schließlich erscheinen auf denselben überwiegend bloß die Namen der Münzmeister und Münzstätten sowie neue eigentümliche Typen, welche in nichts mehr an die römischen Vorbilder erinnern und namentlich immer roher und kunstloser werden. Man bezeichnet die Münzen der fränkischen Könige aus dem Geschlechte der Merowinger im Allgemeinen mit dem Namen Merowinger-Münzen.
Ebenso wie die Münzprägung wurzelte auch das ganze Münzsystem (Währung und Münzfuß) der Merowinger auf der römischen Münzverfassung, doch kam es, da bei den fortwährenden inneren Unruhen und Kämpfen mit den Nachbarvölkern das gesamte Staatswesen unter der Dynastie der Merowinger noch nicht in feste Bahnen gelangte, auch bezüglich des Münzwesens zu keiner festen und einheitlichen Regelung desselben. Letztere blieb, wie wir später sehen werden, erst den Karolingern vorbehalten.
Das von den Merowingern in Gallien vorgefundene Münzsystem beruhte auf der Goldwährung, deren Einheit der „Constantinische Solidus“ war. Letzterer wurde indessen im fünften Jahrhundert nicht mehr zu 24 Siliquen oder 48 Halbsiliquen (vergleiche § 14) gerechnet, sondern in 40 Untereinheiten geteilt, welche Denare genannt wurden, mit den Denaren der römischen Republik und der früheren Kaiserzeit aber keineswegs identisch sind. Die Merowinger schlugen nun, dem römischen Münzsystem folgend, hauptsächlich Drittelsoliden, „trientes“ oder „treinisses“ genannt, während der Solidus eigentlich nur Rechnungsmünze blieb. Da nun das Drittel des Solidus, der Triens in Denaren, deren 40 auf den Solidus gingen, nicht dargestellt werden konnte, so wurde der merowingische Triens zu 12 Denaren gerechnet. Tatsächlich wurden indessen, wie die Münzfunde lehren, von den Merowingern erst in der letzten Zeit ihrer Herrschaft Silbermünzen geprägt. Der Grund dieser geringen Ausprägung von Scheidemünzen wird darin zu finden sein, dass, wie bereits oben erwähnt ist, noch ausreichend Denare älterer Art sich im Umlauf befanden. Sie standen aber zu den neuen römischen Denaren im Verhältnis von 1:3 und es erklärt sich hieraus, dass in alten Urkunden der Solidus und der Triens der Merowinger auch oft zu 12, beziehungsweise 4 Denaren, gerechnet wird. Von Andern wird zur Erklärung dieser doppelten Zählweise neben dem Goldsolidus zu 40 Denaren das Vorhandensein eines Silbersolidus, wenn auch nur als Rechnungsmünze vorausgesetzt, doch ist diese Annahme nicht genügend gerechtfertigt. Im Übrigen wurden die Trienten der Merowinger später leichter und geringwertiger geprägt als die römischen Goldmünzen. Auch findet sich auf den Münzen oft die Ziffer VII. Es ergibt sich hieraus, dass von den Merowingern später ein neuer Münzfuß eingeführt wurde und diese Ziffer auf letzteren zu beziehen ist, führt den Grund dieser Erscheinung auf den Umstand zurück, dass sich die Notwendigkeit ergeben hatte, die noch umlaufenden alten Denare, deren, wie oben angegeben 12 statt 13 1/3 auf den Triens gerechnet wurden, zu letzterem wieder in das richtige Wertverhältnis zu bringen, und dass man deshalb eine neue leichtere Goldmünze von 7 Siliquen Schwere geschlagen habe.
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