Im Münzwesen hatte er zwei ebenso merkwürdige wie wichtige Folgen. Zunächst hat natürlich der Berechtigte die vom Publikum begünstigte Münze in besonders großem Umfang und möglichst lange Zeit hindurch herstellen lassen, um den an dem einzelnen Stück zwar kleinen, an der Menge aber beträchtlichen Gewinn zu vermehren und zu behalten. Dabei hat man sich natürlich sorgfältig davor bewahrt, etwas an dem Äußeren der Münze zu ändern und deshalb Gepräge beibehalten, die längst in der einen oder anderen Beziehung nicht mehr zeitgemäß, sondern veraltet waren. Bei Münzen dieser Art spricht die Wissenschaft vom „erstarrten Gepräge" (type immobilisé). Da nun überall in der Welt die Nachahmung die Begleiterin des Erfolges ist, sind solche beliebten Münzen nah und fern nachgeahmt worden. Es waren nicht immer kleine Münzstätten und armselige Fürsten, die auf diese Weise ihrem Pfennig auch außerhalb Geltung zu verschaffen und ein wenig von dem Ertrag, den die Vorbilder abwarfen, in ihre eigenen Taschen zu leiten versuchten. Dieser Gewinn war natürlich um so größer, in je schlechterer und leichterer Münze man den „Beischlag" herstellte und so hat das angesehene Gepräge nur zu oft elendes Geld decken und dessen Umlauf sichern müssen. Erstarrung und Nachahmung sind dann schließlich die beiden Wurzeln, aus denen das Bedürfnis nach einer Weltmünze entspringt. Das Gepräge gehört nicht mehr nur der einen Münzstätte und wird nicht mehr anderwärts nur gelegentlich, zu Unrecht und verstohlen nachgeahmt, sondern es wird Allgemeingut, für die betreffende Münzsorte als solche allgemein üblich, ja sogar kennzeichnend. Vorgänge dieser Art zeigt schon die Münzgeschichte des Altertums in Menge. Das lehrreichste Beispiel der Erstarrung bieten die athenischen Vierdrachmen-Stücke. Sie zeigen in der ältesten Zeit ein sehr altertümliches Pallashaupt mit Lockenhaar, von vorn gesehenem Auge und dem grinsenden Lächeln der frühesten Kunst. Diesen Kopf und die archaische Form des Stadtnamens AOE hat man beibehalten, als längst schon ein anderer Typus der Göttin geschaffen war, die Münzbilder weit größere Anmut besaßen und der Stadtname mit „H“ statt mit „E“ geschrieben wurde. Man hatte seinen Grund dazu, denn wir kennen Nachahmungen dieser Münzen aus Phönikien und Arabien. So weit also beherrschten sie den Handel. Die barbarischen Völkerschaften im Norden Griechenlands haben die makedonischen Münzen mit dem Reiter in immer fortschreitender Verrohung vielfach nach geprägt, an der Westküste Griechenlands, in Unteritalien und Sizilien ahmte man die korinthischen Silbermünzen mit dem Pegasus nach und die Karthager haben die syrakusanischen Arethusaköpfe und Zweigespanne (s. Abb. 43) gewiss nicht aus ästhetischem Wohlgefallen übernommen.
Zur Weltmünze wurde der zuerst von Philipp, dem Vater Alexanders des Großen, geschlagene Goldstater, der den bis dahin vorherrschenden persischen Dareikos ebenso verdrängte, wie die Tetradrachmen von Alexander selbst, mit ihrem sitzenden Zeus (vgl. Abb. 6) das allgemein benutzte Muster für die Silbermünze abgaben. Beide Sorten sind von Fürsten und Städten, die nie zum makedonischen Reiche gehört haben, unter Beibehaltung ihrer Aufschriften, auch des Königsnamens, nach geprägt worden und nicht immer ist man so ehrlich gewesen, den Ursprung der Nach-Prägung durch ein Monogramm oder ein Wappen anzudeuten.
Im Römerreich wurde natürlich das kaiserliche Geld die Münze der Welt, die ja für das Bewusstsein der Zeitgenossen nicht viel größer war als jenes. Dies gilt insbesondere für die Zeit des Niederganges und ihr Goldstück, den Solidus, der in ungeheuren Mengen geprägt worden sein muss, genau genommen seit man anfing die Götterbilder und Weihgeschenke des alten Glaubens zu vernichten. Es ist ausführlich belegt, dass sehr viele solcher Heiligtümer „das Feuer der Münze und die Flamme des Schmelzofens fraß". „Im Solidus", sagt der Indien-Fahrer Kosmas (um 550), „wird der Verkehr aller Völker geführt und an jedem Orte von einem Ende der Erde zum anderen ist diese Münze gangbar, bei allen Völkern und in allen Reichen wird sie bewundert, weil kein anderer Staat eine solche hat." Die Tatsachen bestätigen diese Lobrede. Der Solidus findet sich seltener in den Ländern seines Ursprungs als in den Gebieten der Barbaren, die ihn in großen Massen teils weggeschleppt, teils als Tribut bezogen haben. In Schweden und an der Küste Preußens, so wie in Westdeutschland sind zahlreiche, oft sehr bedeutende Funde gemacht worden, nicht minder in Gallien, England und sogar im fernen Indien. Die ältesten, gegen Ende der Völkerwanderungszeit aufgezeichneten deutschen Volksgesetze, bestimmen die Bußen wenn nicht in Vieh, dann in Solidi, und noch bis in den Anfang des 20. Jahrhunderts lebte der Solidus fort, in der viel bespöttelten Bestimmung des gemeinen Rechts, wonach Schenkungen über „4666,6 Mark" gewissen Beschränkungen unterlagen. Diese chimärische Summe ist die der alten Ansetzung entsprechende Umrechnung der 500 Solidi, im Gesetze Justinians.
Das Mittelalter bietet uns ganz besonders zahlreiche und auffällige Beispiele sowohl von erstarrten Geprägen als auch von Nachahmungen. Die weniger strenge Staatsraison und die allgemeine Neigung zum Festhalten an alter Überlieferung schufen, gemeinsam mit der Freiheit der Münzer in der Wahl der Gepräge und der überall nach Vorbildern ausschauenden Ungeschicklichkeit der meisten unter ihnen, von vornherein einen günstigen Nährboden. Die Kleinheit der münzberechtigten Gebiete und die allgemeine Unfähigkeit, ein Geldstück anders als am Gepräge zu erkennen, wirkte noch dazu als starke Versuchung. Daher lassen sich die in Rede stehenden Erscheinungen immerhin als eine, wenn auch etwas weitgehende, Rücksicht auf die Zweckbestimmung der Münze, ihre möglichst weite Verbreitung, einigermaßen entschuldigen. Auch wenn diese Rücksicht damals auch sonst allerlei befremdliche Merkwürdigkeiten geschaffen hat, wie die Prägung von zweiseitigen und hohlen Pfennigen (Dichtmünzen und Brakteaten) zur selben Zeit und am selben Ort oder das der Abtei Selz im Elsass 993 von Otto III. verliehene Privileg, Geld sowohl nach Straßburger wie nach dem Speierer Schlag auszugeben, die Prägung besonders wertvoller Münzen, der sogenannten Freipfennnige, in Erfurt zur Entrichtung einer bestimmten Abgabe und schließlich die Verordnung König Ferdinands, wonach das „Biergeld" von der Stadt Breslau nur in den von ihm 1547 ff. geprägten Groschen entrichtet werden durfte.
Was die sogenannten erstarrten Gepräge betrifft, so hat sich der Name Ludwigs des Frommen als Umschrift um das Kreuz noch bis ins 11. Jahrhundert in Deutschland und den Niederlanden erhalten. Genauso lange bleibt der karolingische Tempel (s. Abb. 25) in Regensburg und Böhmen herrschender Typus. Die Prägung unter dem Namen Boleslaws IV. von Polen geht lange nach seinem Tode im Jahre 1173 weiter, mehrere hohenstaufische Kaiser werden in Italien noch hundert Jahre nach dem Aussterben des Geschlechts genannt, Aachen prägt mit dem Namen des großen Friedrich II. unter seinen Gegenkönigen Wilhelm und Richard. Die Schweidnitzer Halbgroschen Ludwigs II. von Böhmen werden mit „dem alten Text", wie es in der Überlieferung heißt, weiter geprägt, als der König schon längst bei Mohacz den Heldentod gestorben war (1526), und die Stadt Besancon setzt noch 1660 den Namen Karls V. auf ihre Taler. In Preußen sind die Silbergroschen Friedrichs II. mit dem fliegenden Adler, die sogenannten „Adlerböhms“ oder „Fledermäuse“, unter seinen Nachfolgern und zum Schaden des Landes von den Franzosen, als sie Berlin besetzt hielten, mit den alten Stempeln geschlagen worden und in Österreich prägt man bis heute Taler mit dem Bild der Kaiserin Maria Theresia und der Zahl ihres Todesjahres 1780, weil der „Mariatheresientaler" in Afrika das übliche Zahlungsmittel geworden ist.
Die Nachahmer haben sich natürlich mit Vorliebe den Münzen angesehener Prägestätten zugewendet. In der Zeit der sächsischen Kaiser wurden die Pfennige von Köln am ganzen Rhein, in Westfalen und den Niederlanden, die von Goslar im und um den Harz nach geprägt, später lieferte Magdeburg für den Osten, Brandenburg, Pommern, Polen die Vorbilder. Gegen Ausgang des Mittelalters wird Westfalen ein Hauptquartier einer scheidenden Nachmünzung, infolge der Verringerung des Gehaltes von der Falschmünzerei. Dort werden, außer den Münzen des Umfeldes sogar die Witten der Hansestädte und die Schweidnitzer Halbgroschen nach geprägt und massenhaft ins Ausland bis nach Polen überführt. Polen, dessen sprichwörtliche Unordnung sich auch in seinem Münzwesen ausdrückt, ist überhaupt der gesuchte Abfluss für alles schlechte Geld. Friedrichs des Großen erklären, in Polen wüssten sie die wertlosesten Gelder unterzubringen und machten Gold und Silber daraus und im Osten Deutschlands heißt noch heute, jede nicht gangbare Münze „polnisches" Geld. Auch in den Niederlanden, der Schweiz und Oberitalien hatte sich die Nachmünzung festgesetzt, es sind hier ebenfalls die kleinen Herren, die ihre Münzschmieden ausschließlich durch oft mit verblüffender Treue ausgeführtes Kopieren fremder Stempel unterhalten. Eine Vorstellung vom Umfang dieses Unwesens liefert uns die Tatsache, dass die Löwengroschen Ludwigs von Flandern (1346-1384) in 19, seine sogenannten „Botdrager" sogar in 24 fremden Herrschaften nach geprägt worden sind.
Gelegentlich schritt wohl einmal die Reichsgewalt ein, wie denn schon der Mainzer Landfrieden von 1235 die Beischläger den Fälschern gleichstellte. So wurde z. B. dem Fürsten Syrus von Correggio († 1645) sein Land um dieses Vergehens willen weggenommen. Auch der Orient hat seinen Anteil an diesen Nachprägungen. Ob die Köpfe seleucidischer Könige und römischer Kaiser, die mohammedanische Fürsten des 12. und 13. Jahrhunderts auf ihre Münzen gesetzt haben, diese Ehre lediglich aus ästhetischen Gründen, da sie die Münzherren und Münzmeister sehr begeisterten, verdanken, sei einmal dahin gestellt. Ebenso wie die Erklärung der höchst auffälligen Tatsache, dass ein vermutlich mainzischer Pfennig Heinrichs II. die Aufschrift des spanischen Khalifen Hescham und ein Goldstück König Offas von Mercia (757 -796) die des Khalifen Almansur trägt. Da der arabische Reisende Tortuschi in Mainz um 1083 morgenländisches Geld umlaufend traf und unsere Funde zur selben Zeit orientalische Münzen oft sogar in Mengen enthalten, so muss man wohl davon ausgehen, dass Handelsinteressen die Ursache zur Prägung solcher Stücke waren. Wie dem auch sei, Interessen dieser Art haben in Spanien die arabischen Fürsten ebenso zur Ausgabe von Münzen mit lateinischen Inschriften, einzelne sogar mit Kreuz!, veranlasst, wie die christlichen Könige zur Anbringung arabischer Sprüche. Höchst merkwürdig ist auch die Münzprägung Unteritaliens. Wie sich hier Abend- und Morgenland, Germanen, Welsche, Byzantiner und Araber begegneten und bekämpften, so zeigen auch die Münzen von Neapel, Capua, Salerno, Apulien, bis gegen Ende des 13. Jahrhunderts in Bild und Schrift, die Einwirkung antiker und byzantinischer, christlicher und mohammedanischer Prägung. Durch die Kreuzzüge sind dann noch eine große Anzahl solcher Mischlinge ins Leben gerufen worden. In Akkon, Tripolis und Tyrus prägten die Abendländer muslimisches Geld, oft unter Beibehaltung der mohammedanischen Glaubensformeln, nach, bis sie sich endlich auf Einschreiten des Papstes bequemten, wenigstens diese letzteren durch christliche Symbole zu ersetzen. Umgekehrt hat die Dynastie der Danischmende (1086-1176) ihren Münzen griechische Aufschriften gegeben und sogar die Anbringung des Christusbildes nicht gescheut, während verschiedene kleinasiatische Fürsten die neapolitanischen Gigliati, Groschen mit einem Lilienkreuz auf der Rückseite, nach geprägt haben, die übrigens auch bis nach Deutschland gekommen sind, wo sie die Marienbrüder in der neuen Ordensheimat Preußen als ihr erstes Geld geschlagen haben. Man sieht hier recht deutlich den gewaltigen Einfluss des Verkehrs, vor dem selbst die Religion zurücktritt.
Als durch die Kreuzzüge dem Weltverkehr neue Bahnen erschlossen werden konnten, neue Aufgaben erwuchsen, konnte man mit dem bisherigen Geld nicht länger auskommen und es entwickelte sich in rascher Folge einer ganzen Anzahl von Weltmünzen, als erste ein Goldstück.
Seit den Merowingern war im Abendland nur noch ganz vereinzelt und in ganz geringem Umfang Gold geprägt worden, lediglich die Hohenstaufen hatten in ihrem neapolitanischen Reich die Goldprägung ihrer Vorgänger, der Normannenherzöge, nach arabischem Vorbild fortgesetzt. Dort hatte Friedrich II. auch ein Goldstück nach römischer Art schlagen lassen (s. Abb. 53). Im Jahre 1252 ist man dann in Florenz auf den glücklichen Gedanken gekommen, den Wert eines Zählpfundes (s. S. 106) in einer Goldmünze darzustellen, die auf der einen Seite das redende Wappenzeichen der Stadt, die blühende Lilie („flos"), auf der anderen den heiligen Täufer im Kamelhaar-Mantel, die Rechte erhoben, in der Linken einen kleinen Kreuzstab, zeigte. Diese Münze, auf Grund ihres Hauptgepräges „Florenus“ genannt, wurde bald in der gesamten Kulturwelt von Spanien bis nach Schlesien von geistlichen und weltlichen Fürsten, von großen und kleinen Herren nach geprägt, obwohl, wie es heißt, der Papst (von dem wir übrigens ebenfalls Florene besitzen) auf Bitten der Florentiner mit einer Bulle dagegen einschritt. Nicht weniger als 83 solcher Nachprägungen sind bekannt und im armen Brandenburg des 14. Jahrhunderts hat man die Lilie wenigstens auf den landesüblichen Silberpfennig gesetzt. Ein Ableger des florentiner Guldens ist der der „Republik Venedig“. Er zeigt den Heiland in der ovalen doppel-spitzigen Einfassung, der sogenannten Mandorla, mit der die Kunst des Mittelalters gern die Bilder der Heiligen versah, auf der Rückseite den von dem heiligen Markus als dem Schutzpatron der Stadt mit einer Fahne belehnten Dogen und als Umschrift den leoninischen Hexameter : „Sit tibi, Christe, datus quem tu regis iste ducatus", was in freier Übersetzung so viel heißt wie: „Laß dir, Heiland, gefallen den Staat, der dir dienet vor allen". In Venedig hieß das Geldstück nach dem Haus seiner Prägung (la zecca, das deutsche „Zeche") „Zecchino". Hieraus ist dann der in den Märchen des Morgenlandes so oft wiederkehrende Ausdruck „Zechine" geworden. Das letzte Wort der Umschrift zeigte den Namen „Dukaten" an, der allmählich auch auf das florentiner Goldstück überging und der vollwertigen Münze zu eigen blieb, als in Deutschland und den Niederlanden die Künste der Verringerung von Schrot und Korn auch diese Sorte ergriffen. Hier gingen die rheinischen Fürsten voran, wobei sie übrigens in ihren Münzordnungen, Verträgen und Tarifen die Herabsetzung genau zu regeln versuchten. Nach ihnen hieß das minderwertige Goldstück „rheinischer" Gulden. Das Gepräge des Zecchino ist nur sehr selten, z. B. in Rom, Mailand oder Serbien nachgeahmt worden, umso häufiger sieht man einen Abkömmling dieser Münze, nämlich den ungarischen Dukaten. In Ungarn entwickelte sich infolge des reichen Bergsegens des Landes seit Ludwig I. (1342-1382) eine außerordentlich stattliche Goldprägung mit dem Bilde des heiligen Ladislaus, das später mehr und mehr durch den Kaiser in ganzer Gestalt ersetzt wurde. Diese ungarischen („kremnitzer") Dukaten haben ihr charakteristisches und in späterer Zeit ungewöhnliches Bild, die stehende Figur, an die belgischen und die Hamburger Dukaten weitergegeben, erstere ebenfalls vielfach nach geprägt und gleich den letzteren noch heute nicht ganz verschwunden. England, Frankreich und Italien zeigen später gerade in der Goldmünze eine außerordentliche Mannigfaltigkeit (s. Abb. 56, 66), der erst Ludwig XIII. 1640 mit seinem „Louisd'or“ ein Ende machte. Dieser Louisd'or ist ebenfalls Weltmünze geworden und als solche vielfach, insbesondere auch in Deutschland, als Karl-, Max-, Friedrichsd'or nach geprägt worden.
Etwas späteren Ursprungs als die goldene ist die silberne Weltmünze. Infolge der häufigen Verschlagungen, der ständigen Verringerung des Gewichts und Verschlechterung des Gehalts hatte das Silbergeld ziemlich überall in der Welt, England vielleicht ausgenommen, einen Tiefstand erreicht, der nicht mehr zu unterbieten war. Daher beginnen um 1200 an verschiedenen Orten die Versuche der Einführung einer ansehnlicheren Münze von höherem und vor allem von festem Wert. In Tirol prägt man Stücke im Wert von 20 der umlaufenden Berner Pfennige, in Venedig unter dem Dogen Enrico Dandolo (1192-1205) die sogenannten Matapane usw. Den entscheidenden, weil für die übrige Welt vorbildlichen Schritt hat aber erst König Ludwig IX. von Frankreich getan. Er hat seine Reform sorgfältig verbreitet, in dem er zunächst einmal seinen Lehnsträgern das Münzen für einige Zeit untersagt. Im Jahre 1266 erschien dann die neue Münze im Wert von einem Schilling (12 Stück) der alten Pfennige, wohl die Nachahmung eines in Akkon geprägten muslimischen Geldstücks. Ihr Gepräge zeigt ein Kreuz mit doppelter Umschrift: „Benedictum sit nomen domini nostri Jesu Christi" und der Königsname, auf der Rückseite eine Figur wie das Bild einer Stadt auf alten Karten und die die Prägestätte Tours bezeichnende Umschrift „Turonus civis". Man hat diese „Turnosen" zuerst in völlig genauer Nachahmung, die nur den Königsnamen jeweils ersetzt, später bloß die eine oder die andere Seite beibehaltend, in Frankreich, den Niederlanden, Westfalen und am ganzen Rhein nach geprägt, sogar bis nach Sachsen sind sie vorgedrungen. Sie haben mit ihrer auffälligen Eigentümlichkeit, dem Kreuz mit der doppelten Umschrift, auch das Vorbild für die Münzen abgegeben, mit denen der König von Böhmen 1300 und der von Polen um 1350 ihr Münzwesen reformierten. Alle diese Münzen, von dem eben erwähnten Matapan angefangen, nennen sich „grossi denarii" (grossus die spätlateinische Nebenform zu crassus) oder auch nur „grossi", d. h. dicke, feste, große Pfennige, ein Name, der durch die Vermittlung des Slawischen als „Groschen" ins Deutsche übergegangen ist. Dieser Groschen wird dann in rascher Folge überall aufgenommen mit aller Orten wechselndem Wert und Gepräge. Er erlöst auch Deutschland von der Landplage der ganz unmöglich gewordenen Brakteaten. Die Meißner und Thüringer Fürsten, die bis zuletzt große Mengen dieser Münzen geschlagen hatten, nehmen bald nach 1300 die Groschenprägung in womöglich noch größerem Umfange auf als Böhmen, sodass der Meißner Groschen der Hauptkonkurrent des böhmischen wird.
Einen ganz eigentümlichen Einfluss hat England auf die Münzverhältnisse des Festlandes ausgeübt. Schon im 11. Jahrhundert unterhielten kölnische Kaufleute einen lebhaften Handel mit England, dessen Gegenstand hauptsächlich Wein, Getreide und Tuch gewesen sind. Unter König Ethelred II. (978-1016) erhalten die Deutschen durch ein besonderes Statut Rechte auf dem Markt in London, die allmählich vermehrt werden, und um 1260 fassen auch die Hamburger und Lübecker in England Fuß. Bereits in der Mitte des 11. Jahrhunderts wird in Köln ein Denar geprägt, der einen angelsächsischen Münzmeister nennt. Noch älter ist ein Pfennig des böhmischen Königs Jaromir (1003-1011), auf dessen Rückseite der Name König Ethelreds selbst erscheint. Dazu gibt es eine ganze Anzahl böhmischer Denare von Boleslaw II., seiner Gemahlin Emma und seinen Nachfolgern bis Ulrich (1012-1037), die die englischen Bildnisse sehr roh kopieren, während in Deutschland das Gleiche unter dem Grafen Heinrich von Stade (976-1016) geschieht und auch andere norddeutsche Münzen, insbesondere die Denare Ottos III., die seine Großmutter Adelheid zeigen und dabei ihr Bildnis von den Engländern zu entlehnen scheinen. Später werden die mit Heinrich III. (1216-1272) beginnenden Sterlinge (ein Name, der mit Sicherheit noch nicht erklärt ist) zur wirklichen Weltmünze. Nicht nur in Schottland, sondern auch in den Niederlanden, am Rhein und in Westfalen werden sie an zahlreichen Orten mehr oder weniger frei nach geprägt und kommen im Handel bis in die Schweiz. Endlich sind dann noch die seit 1343 geschlagenen goldenen „Rosenobel“ mit dem König im Schiff zu nennen, die zwar weniger oft nach geprägt wurden aber bis weit in den Osten Deutschlands im Verkehr gewesen sind. Deutschland vertritt in der Reihe der Weltmünzen der Taler, der ziemlich gleichzeitig an verschiedenen Orten ins Leben getreten ist. Er verdankt seinen Ursprung der steigenden Ausbeute der Tiroler Silbergruben und ist zuerst im Jahre 1484 vom Erzherzog Sigismund zur Darstellung des Wertes des rheinischen Guldens in Silber geprägt worden. Dem gegebenen Beispiel folgten bald zahlreiche deutsche Fürsten und Städte, auch Spanien und Ungarn, doch trat ein regelrechter Aufschwung erst ein, als die sächsischen Fürsten die Ausbeute des Erzgebirges und die böhmischen Grafen von Schlick diejenige ihrer Berge in dieser Münzsorte auszuprägen begannen. Von der Münzstätte der letzteren zu Joachimstal bekam das neue Geldstück, sonst „Guldengroschen“ genannt, den abkürzenden Namen Taler, lateinisch „vallensis“, auch Joachimicus. Es darf ohne Übertreibung gesagt werden, dass der Taler die beliebteste Münzsorte gewesen ist, die es je gab. Nicht nur überall in Europa hat man ihn geprägt, sondern er hat als „Dollar" auch die neue Welt und den fernsten Osten und Süden erobert. Als „Mexican Dollar" ist er in China ebenso geschätzt, wie als Mariatheresientaler in Afrika, eigene Levantetaler hat man u.a. in Braunschweig, Preußen, Russland, den Niederlanden (hier „Albertustaler“ genannt) geschlagen. Er ist sogar von den Toten auferstanden und wird in Zukunft als Dreimarkstück des Deutschen Reiches ein hoffentlich seinem Vorleben würdig entsprechendes Dasein führen.
Betrachtet man nur die Reihe der Weltmünzen, die Florene und Goldgulden, die Turnosen, Englische, Taler, so möchte man meinen, es sei alles ganz besonders gut organisiert gewesen. Aber dieser Schein trügt: Das gute Geld war nur für den Export und für den Großhandel gedacht, daheim quälte man sich mit elendem Kleingeld herum. In Frankreich konnte schon Ludwigs IX., den Enkel von Philipp IV. der Schöne (1285-1314), die gesunden Zustände, die jener geschaffen hatte, nicht aufrecht erhalten, obwohl er sechsmal von der schlechten Münze zur guten zurückzukehren versuchte und ungefähr ein Dutzend verschiedener Sorten prägte. Er musste es erleben, dass ihm nicht nur Dante die ewige Verdammnis voraussagte, sondern dass ihn sogar einer seiner Untertanen, der Bischof von Pamiers, in den schlimmsten Ausdrücken einen Fälscher schalt: „ich würde für dieses ganze Geld keinen Dreck geben", sagt der streitbare Herr, „es ist schlecht und falsch und gesetzwidrig, und ein Fälscher ist, der es prägen lässt".
In Deutschland findet man das gleiche Problem vor und als Folge ein gleichsam instinktives Misstrauen gegen jede neue Münze, von der man sich nur neuen Schaden erwartete: „so oft eine neue Münze, als oft ein Heerzug durch das Land", ging das Sprichwort und nur sehr selten bezeichnet sich ein Geldstück als „moneta nova". Ebenso belustigend wie kennzeichnend ist die Geschichte der Heller, die der Rat von Breslau 1422 schlagen ließ. In ihrem Gepräge, dem bärtigen Haupt des Stadtheiligen, St. Johannes des Täufers und dem böhmischen Löwen, erblickte der Volkswitz das Bildnis des Ratsherren Niklas Rempel und den großen Hund seines Kollegen Beda, die beide als gewalttätige Männer verrufen waren. Von ihnen erhoffte man sich auch bei der neuen Münze nichts Gutes und sang auf den Gassen: „Die Bresler haben funden einen newen fund, Sie schlahen uf die heller Rempels bart und Beden hund. Das ist den armen nicht gesund. Die reichen schlingen es in ihren mund, Verterben die armen bis auf den grund“ u.s.w.
Dreißig Jahre später aber standen diese „Rempelheller“, wie man sie noch heute nennt, so hoch in der allgemeinen Gunst, dass, als verlautete der Rat wolle sie einziehen und eine neue Sorte prägen lassen, die Bürger von Frankenstein „gar endelich" an die von Breslau schrieben: „Uns ist zu wissen worden, wy das ir willens hat, ewer möncze zu vorslon. Des sein wir armen leute größlich erschrocken, wenn, wo ir das tett, quemen wir armen leute zu großem unvorwintlichen schaden, wenne wir keine moncze also gerne als ewer genommen haben". Allerlei Spottnamen für die schlechte Kleinmünze, wie „Schinderlinge" oder „rote Seufzer" u. a. Geschichten, wie die von dem Fass voll neuer Heller, das auf dem Markt aufspringt, seinen Inhalt verschüttend, ohne dass jemand etwas davon aufheben mag, sind ebenso kennzeichnend wie die Eintragung in Rechnungsbüchern: „Groschen gut und schlecht, wie man zu sagen pflegt", „Münzen, die in Kauf und Verkauf nichts gelten", oder die regelmäßige Wiederkehr der durch die schlechte Münze hervorgerufenen Armut als Entschuldigungsgrund bei Steuern und Ablässen. Die ungeheure Zersplitterung des Reiches hindert jeden Besserungsversuch: „Münzpunkts Überlegung wäre ganz vergebens", heißt es einmal in einem Fürstentagesprotokoll, „denn Schlüsse und Patente hätten keinen Effekt". Im 16. Jahrhundert wird die Forderung einer einheitlichen Münze immer lauter, u.a. auch von den aufständischen Bauern erhoben, findet aber trotz verschiedener Reichsmünzordnungen keine Erfüllung. Die jetzt häufige Aufschrift „Moneta nova" stellt sich als eine Art Vertröstung heraus, die aber nie zur Tat wird. Höchst bezeichnender Weise ist es gerade das Kaiserhaus, das sich zum Vorteile seiner Bergwerke einen geringeren als den allgemein vorgeschriebenen Feingehalt sichert, wie es sich nachher auch in der Prägung schlechten Geldes völlig skrupellos erweist. So ist denn zwar Frankreich im 16. Jahrhundert zur Ruhe gekommen, in Deutschland aber dauert das Münzelend weiterhin an.
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