Historische Münzen: Ihr Weg lässt sich über Jahrhunderte zurückverfolgen und sie liefern uns heute noch unzählige Informationen über längst vergangene Zeiten.
Ehe wir daran gehen, diese Beziehungen in ihren Einzelheiten zu beleuchten, haben wir uns mit der Frage zu beschäftigen, wie denn die Münzen zu uns gekommen sind.
Eine große Anzahl von Münzen hat sich weit länger, als man zunächst geneigt sein möchte anzunehmen, im Umlauf befunden. Die Münzfunde des Altertums umfassen oft mehrere hundert Jahre, römische Kaisermünzen sind im 10. und 11. Jahrhundert noch vielfach im Verkehr gewesen, das Kupfergeld der konstantinischen Zeit in Südfrankreich sogar bis zur Münzreform Napoleons III. In Deutschland waren bis zur Einführung der Deutschen Mark sehr viele verschiedene Münzen im Umlauf. Zahlreiche Stücke aus unterschiedlichen Zeiten sind in der Gestalt von Schmuck und Zierrat aller Art zu uns gekommen, worüber im letzten Abschnitt ausführlich berichtet werden wird. In den Rathäusern sind beispielsweise Proben einheimischer Prägung, wie sie der Münzer in die „Fahrbüchse" zu legen hatte, um spätere Nachprüfung zu ermöglichen, aufbewahrt worden. Aber auch verrufenes, ausländisches und falsches Geld, das man dem Besitzer abgenommen hatte, findet sich hier. Die Bibliotheken und Archive verwahren Gutachten, Tabellen und Berechnungen in Münzsachen, denen die entsprechenden Stücke beigefügt sind. Es wurden Grundsteine und Turmknöpfe vielfach gleichzeitige und ältere Sorten zur Erinnerung aufbewahrt. Weit wichtiger als das sind die zahlreichen Münzfunde. Unter dem Begriff „Fund“ ist im eigentlichen Sinne die Entdeckung einer Mehrzahl von Geldstücken gemeint, die in der Erde, einem Bauwerk oder dergleichen seit langer Zeit verborgen waren. Nicht selten hat sich von einem solch verborgenem Schatz eine Erinnerung in das Gedächtnis der Menschen erhalten. Bald ist es das blaue Flämmchen, das den „Schatzacker" kenntlich macht, bald zeigt das wandernde Licht den im Keller verborgenen Reichtum an. In der Nähe des hessischen Marburg hat man einen großen Fund jener vorgeschichtlichen Goldmünzen ausgehoben, die die Volkssage „Regenbogen-Schüsselchen“ nennt, weil sie sprichwörtlich vom Regenbogen „herunter-tropfen“ oder die Stätte bezeichnen, wo dessen Enden auf der Erde stehen sollen. Die Fundstätte hieß von jeher „der Goldberg“ und ganz in der Nähe liegt, nach einer gelehrten Überlieferung des 12. Jahrhunderts, die Gnitaheide, wo der Riese Fafner das Gold der Schwarzelfen, den Nibelungenhort, in Wurmsgestalt hütete. Diese Münzen sind ein wundervolles, geradezu greifbares Hereinragen der ältesten Sage unseres Volkes in die Gegenwart.
In manchen Gegenden Deutschlands spuken „Kriegskassen" aus dem siebenjährigen Krieg und der Zeit der Franzosen, durch die Überlieferungen, die sich durch zufällige Funde größerer Geldsummen in historischen Häusern bewahrheiteten.
Von außerordentlicher Mannigfaltigkeit sind schon die Äußerlichkeiten der Funde, in Bezug auf die Stückzahl, die Verwahrung und die Zutaten. Manchmal wirft der Pflug auf einem Feld nur ein paar einzelne Stücke aus, in anderen Fällen quellen die Münzen zu Hunderten und Tausenden aus dem Boden. Zu den größten Funden, die in deutscher Erde, um die Jahrhundertwende gemacht wurden, stammen aus der Zeit der sächsischen und fränkischen Kaisern, die von Fulda (2600 Stück), Lübeck (2800), Leissower Mühle (4800), Voßberg(6000), aus der Brakteatenzeit (12. und 13. Jahrhundert) Rathau und Freckleben (je 1000), Seega (2700), Mödesse (2900). Auch brandenburgische Münzen des 13. und 14. Jahrhunderts und böhmische Groschen des 14. und 15. werden oft zu mehreren Tausenden ausgegraben. Goldmünzen der Zeit um 1500 brachte ein Fund im Anhaltischen zum Vorschein, nämlich 4000 Stück. Natürlich ist das noch nichts gegen so riesige Funde, wie den 1895 in Köln gemachten, der aus 15 Zentnern spätrömischer Kupfermünzen bestand und wohl eine Kasse war, den von Cuerdale, der 100.000 Angelsachsen und den von Tutbury, der 200.000 Münzen Eduards I. und II. enthielt. Ein oft erwähnter Fund von angeblich 80.000 römischen Goldmünzen ist dagegen leider nicht ausreichend belegt. Meistens sind die Münzen ohne jede Umhüllung in die Erde gekommen, sei es, dass sie einem Forscher verloren gingen oder dass sie unter Zeitdruck und daher ohne Sorgfalt geborgen wurden. Manchmal stellen zwei Steine eine notdürftige Verpackung dar. Bis ins 18. Jahrhundert sind die meisten Funde in Töpfen ans Tageslicht gekommen, von denen manche vielleicht schon vorher als Spartöpfe gedient hatten und die oft wichtige chronologische Fingerzeige für die Formen der Keramik ergeben. Aber auch Hüllen aus Leinwänden, Säcke und Beutel aus Leder sind nicht selten Hüllen für Münzen. Die weitaus meisten Funde enthalten nur Münzen, doch es kommt auch vor, dass man unter den Funden auch geschmolzenes Silber in Barrenform oder rohen Stücken, Schmucksachen und dergleichen findet, die sogar den Wert die Münzen übersteigen. Sehr schwer ist meist die Bestimmung der Münzen, aus welchem Anlass die Münzen an der Fundstätte liegen oder in die Erde gekommen sind. Sind die Münzen sorgfältig verpackt oder befinden sich Schmuckstücke dabei, so lässt sich annehmen, dass sie absichtlich verborgen wurden, um sie vor Unbefugten Personen zu schützen, während man es anderen Münzen ansieht, dass sie mehr oder minder durch Zufall aus dem Verkehr gezogen wurden. Über Vermutungen wird man im allgemeinen nicht hinauskommen, da in der „guten alten Zeit" Einbrüche und häusliche Feuer beinahe etwas Alltägliches waren. Immerhin lassen sich aus dem wiederholten Auftreten von Funden ein und derselben Zeit in einer bestimmten Gegend, wie aus der Art der Verwahrung und der Herkunft der Münzen selbst, viele wichtige Schlüsse ziehen. Wenn z. B. am Berge Athos ein Schatz alt-persischer Goldstücke gefunden wurde, so besteht kein Zweifel daran, das es sich um ein Überbleibsel des Perser-Einfalls vom Jahre 480 v. Chr. handelt. Genauso lässt sich auch die Örtlichkeit der Varusschlacht, mit Hilfe der in der Nähe von Barenau zahlreich gefundenen Römermünzen, bestimmen. Funde skandinavischer Münzen am Genfer See, bei Ilanz in der Nähe von Chur, sind Spuren von Romfahrten, in Rom gefundene größere Barschaften altenglischer Münzen und schwäbischer Brakteaten stellen Peterspfennige dar, die die Pilger mitbrachten. Einige Funde deutscher Münzen in schlesischer Erde sind Denkmäler der Kämpfe Kaiser Heinrich II. mit Boleslaw Chrobry von Polen. Die Funde von Lässig, Hirschfelde und Lubnice, die zum Teil rheinisches, westfälisches und englisches Geld enthielten, sind ein Zeugnis des Tuch- und Pelzhandels, der kölnische Kaufleute. Sie fuhren durch Brandenburg nach Polen. Alle großen Handelsstraßen, Flussübergänge und Pässe wurden mit Hilfe der Münzfunden festgelegt. Wie vorsichtig man aber bei solchen Untersuchungen sein muss, beweist der sogenannte „Fund von Schuhin“. Er besteht aus einer Anzahl der ältesten griechischen Münzen. Lange Zeit hielt man ihn für ein Zeugnis des Verkehrs zwischen dem Süden und den Bernstein-Ländern. In manchen Büchern ist er heute noch als solches aufgeführt, obwohl längst nachgewiesen ist, dass dieser Schatz durchaus nicht in seiner Ursprünglichkeit vorliegt. Dadurch verliert er jede Beweiskraft. Im allgemeinen unterscheidet man Inland-Funde von Import-Funden, je nachdem, ob es sich um Geld handelt, das an der Fundstelle galt oder von auswärts eingeführt wurde.
Die Münzfunde haben ihre hauptsächlichste Bedeutung als Hilfsmittel zur Bestimmung der Münzen nach Ort und Zeit, nach Prägung und Wert. Dies gilt insbesondere für Zeit des Mittelalters, in der es den Geldstücken nicht nur an der Jahreszahl fehlt, sondern auch an der Umschrift und manchmal sogar an einem, ihren Ursprung deutlich bezeichnenden, Gepräges fehlt. In solchen Fällen bezieht man sich auf Münzfunde, sogenannten „Leitstücken", die einmal die Zeit der Einlagerung anzeigten und damit die späteste Zeitgrenze für die Prägung der Fundstücke erkennen lassen. Die „Leitsttücke“ definieren gleichzeitig die Zahl und die Erhaltung der einzelnen Sorten, die schließlich den Vergleich mit anderen Auffindungen aus derselben Zeit und Gegend zur vollkommenen Erkenntnis ausbauen müssen. Diese Vergleiche sind eine der aufregendsten und, wenn vorsichtig ausgeführt, auch ergebnisreichen Arbeiten des Münzforschers.
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