Die Erfindung der Münze ist, wie bereits gezeigt, verhältnismäßig spät erfolgt. Die Babylonier, die ein hochentwickeltes Gewichtssystem besaßen und dessen Größen (Talent, Mine und den aus dem Alten Testament allgemeiner bekannten Schekel) als Rechnungswerte verwendeten, kannten sie noch nicht. Genauso wenig die übrigen Kulturvölker des Morgenlandes, Assyrer und Ägypter, Juden und Inder. Es erscheint unserer Generation kaum verständlich, wie so fortgeschrittene Staaten mit ihren weitreichenden Verkehrs- und Handelsbeziehungen der Münze abschworen und sich mit dem Zu-wiegen des Edelmetalls und den Erzeugnissen der Natur, insbesondere der Landwirtschaft, als Zahlungsmitteln begnügen konnten.
Dieselben Zustände finden sich überall in den Anfangsstadien der Kultur und noch heute herrschen sie bei manchen Ur-Völkern. Das hübsche Geschichtchen von der Pariser Sängerin, die durch ein Konzert auf einer Insel im australischen Archipel eine Einnahme von 3 Schweinen, 23 Truthähnen, 44 Hühnern, 500 Kokosnüssen, 1200 Ananas, 120 Kürbissen und 1500 Orangen erzielt hatte, zeigt ihren Zusammenhang mit der Welt des Metallgeldes. Im übrigen ist ihre Betrachtung nicht nur in Bezug auf die Entwickelung und Abgrenzung des Begriffes Geld und für die Beurteilung des Geldumlaufs in den verschiedenen Zeitaltern lehrreich. Sie ist auch deshalb von allgemeinem Interesse, weil wir auf einigen der älteren Münzen Bilder der einst als Zahlungsmittel verwendeten Gegenstände, manchmal in Form von Sprache, wiederfinden. Da aber volkswirtschaftliche und ethnographische Bücher diesen, unsere Aufgabe nur mittelbar berührenden Dingen, größere Aufmerksamkeit zu widmen pflegen, reicht eine kurze Betrachtung vollkommen aus.
Allgemein anerkannt ist die Ableitung des Wortes pecunia (Geld) von pecus (Vieh) und die zahlreichen und sehr alten Münzen Italiens mit dem Bild eines Stieres (s. Abb. 36, 76) sind der urkundliche Beleg dafür. Gleichzeitig sind sie der Nachklang der frühen und weitverbreiteten Zahlungsweise, die sich des Rindes als des wichtigsten Gegenstandes der Viehwirtschaft bediente. Schon bei Homer wird mit Rindern und Rinder-Häuten gekauft und gerechnet. Der römische Jurist Gajus verwertete die nachher auch ins Corpus juris aufgenommenen Verse der Ilias, die erzählen, wie die gelockten Achäer Wein kauften, die einen mit Stier-Häuten, die andern mit lebenden Rindern, für den Nachweis, dass man auch mit Sachen „kaufen" könne und nicht bloß mit Münzen tauschen. Im alten Rom wurden bis zum Jahre 429 v. Chr. die Bußen mit Hilfe von Vieh entrichtet. Das Gesetz der ripuarischen Franken aus dem 6. Jahrhundert n. Chr. setzt eine „vacca cornuta, videns et sana" einem römischen Goldstück gleich, ebenso das Gesetz der Sachsen ein jähriges Rind oder ein Mutterschaf mit seinem Lamm einem schweren Schilling. Isländer und Norweger kennen ein Kuhgeld, dessen Einheit die Kuh von 3 bis höchstens 8 Wintern, heil an Hörnern und Kuhschwanz, an Eutern und allen Füßen ist und bei den Slawen ist „Skot", der Name des Rindes, ebenfalls ein gleichgesetzter Rechnungswert. Neben das Vieh tritt auch das Getreide zum gleichen Zweck in Mesopotamien und Irland. in Athen hieß die erste Klasse der Steuerzahler die „Fünfhundert-Scheffler“ und der indische Erfinder des Schachspiels ließ sich mit Getreidekörnern in der bekannten Vervielfältigung nach der Folge der Felder bezahlen. Sehr alte Münzen von Metapont zeigen eine Ähre, das einzelne Korn ist jedoch ein häufiges Beizeichen, das manchmal auch zur rebus-artigen Wertangabe benutzt wird.
An sonstigen Erzeugnissen der Natur sind unter den Zahlungsmitteln der Urzeit neben Muscheln, die in Afrika („Kauri") und Australien („Diwarra") eine große Rolle gespielt haben, insbesondere Felle zu nennen, die besonders im Osten Europas (wo es viele Tiere gab) vielfach verwendet worden sind. Abgaben in Marder-, Iltis- und Eichhörnchenfellen sind noch bis tief in die historischen Zeiten üblich gewesen. Auf Münzen von Polen, Schlesien, Österreich erscheint ein sonst nicht deutbares Eichhorn, das wohl an diese Zahlungsweise erinnert. Auch mag sich damit die, für die verschiedensten Länder und Zeiten nachweisliche, Sage von „ledernen Münzen" erklären, die es jedoch, soweit dies bekannt ist, nirgends gegeben hat. Nur ganz selten ist Leder in Ermangelung von Edelmetall zu sogenannten Notmünzen verarbeitet worden, zuletzt im Unabhängigkeitskrieg der Niederländer. Des weiteren sind Fische zu erwähnen, deren Gestalt häufige Marktzeichen der griechischen Stadt Olbia am Schwarzen Meer angenommen haben, während eine isländische Kupfermünze ihren Namen trägt, sowie Salz und Tee, Reis, Tabak und zahlreiche andere Nahrungsmittel. Auch die „Tonne Bier" darf nicht vergessen werden, die im Mittelalter einen Rechnungswert der Ostfriesen darstellt. Wohl mehr eine Kuriosität ist das Steingeld, das in Westafrika in Gestalt 4-5 cm großen Stücken erscheint, während es auf der Insel Yap (Karolinen) die Größe ansehnlicher Wagenräder annimmt. Unter den Erzeugnissen der Industrie ist neben Leinwand, die im Mittelalter in Böhmen und Schweden verwendet wurde, und zahlreichen Stoffen, mit denen man in den verschiedensten Gegenden der Welt handelte, vor allem bearbeitetes Metall zu nennen. Die Prähistoriker wissen von Funden der Bronzezeit zu berichten, die offenbar ungebrauchte Äxte, Speer-Eisen, Ringe von völlig gleicher Form in großen Mengen enthalten und man nimmt an, dass diese Gegenstände zum Tauschverkehr bestimmt waren, also die Rolle eines Zahlungsmittels versahen, wie noch lange Zeit Schaufeln und Hacken bei afrikanischen Schmiedevölkern und Fischhaken in Persien, Ceylon und Indien. Diese Gegenstände waren ursprünglich sicherlich für den Gebrauch bestimmt, der das Metall allein für die Denkweise der Vorzeit begehrenswert machte. Später sah man von diesem Erfordernis ab und bediente sich für Handelszwecke Geräten, die nicht brauchbar oder nützlich waren, da die Ringe zu schwer, die Beile stumpf oder ohne Öse, die Angeln ohne Widerhaken hergestellt wurden. Einige Forscher wollen sogar Entdeckung gemacht haben, dass diese Ringe, Beile usw. ein bestimmtes, sich gleich bleibendes Gewicht beibehalten haben, was dann wiederum den Anfang einer Art Währung bedeuten würde. Doch leider ist diese Feststellung nicht glaubhaft genug, denn die alten Schmiede und Gießer hatten hierzu nicht die rein technische Fähigkeit besessen.
Dieses sogenannte „Geräte-Geld“ spielt vor allem in Griechenlands vorgeschichtlicher Zeit eine sehr bedeutende Rolle. Beile fand man in Kreta, Euböa, Mykenä, wie auch den dem gleichen Zwecken dienenden Dreifüßen bei Homer. Eiserne Spieße im Heiligtum der Hera von Argos, wohin sie Pheidon gestiftet hatte, jener König, den wir als einen der Erfinder der Münze nannten und der diese Altertümer den Göttern weihte, wie etwa ein geheilter Lahmer seine Krücken. So erklärt sich die Doppelbedeutung des Wortes „obulus", das gleichermaßen einen Speer und ein kleines Geldstück bedeutet. Auch die Studentensprache sagte damals „Spieße" für Geld. Von diesen eisernen Geräten her schreibt sich auch die anscheinend unausrottbare, sinnlose Fabel von den eisernen Münzen, die Lykurg in Sparta eingeführt haben soll, um sein Volk vor der Geldgier zu schützen. Es liegt doch auf der Hand, dass die Habsucht sich auch an „eisernem Gelde“ entflammen konnte, wenn es nur eben „Geld" war, d. h. die Möglichkeit zu kaufen gewährleistete. Wirkliches eisernes Geld, also eiserne Münzen, hat man im vierten Jahrhundert v. Chr., lange nach Lykurg, ganz vereinzelt in Argos und Arkadien an Stelle der Münzen aus Kupfer genutzt.
Es ist sozusagen eine Ironie der Sprache, dass wir das Zeitalter, dem wir die Unkenntnis von Gold als besonderes Glück nachsagen, das „goldene Zeitalter“ nennen. Nach der klassischen Sage kamen Eisen und „Gold, verderblicher als Eisen" erst im gegenwärtigen Zeitalter in den weltweiten Umlauf und das älteste Lied der Edda lässt den ersten Krieg um das Gold entstehen. Gold steht also in der gemeinsamen Überlieferung neben dem Eisen am Anfang der Geschichte und auch die „Wissenschaft des Spatens" hat uns gelehrt, dass dieses Edelmetall überall schon sehr früh geschätzt worden ist und den Verkehr beherrscht hat, wozu es sein innerer Wert, seine Haltbarkeit, sowie seine leichte Teilbarkeit besonders geeignet machten. Es wurde zu diesem Zweck in die Form von Ringen gegossen oder zu Draht gezogen. Solchen Golddraht treffen wir in den Funden der Bronzezeit nicht selten und häufig in beträchtlichen Mengen an. Es liegt durchaus nahe anzunehmen, dass der Ausdruck „Draht" für Geld von diesem Gebrauch stammt. Goldringe waren im Morgenland bei Ägyptern, Juden, Chetitern usw. wie im germanischen Norden gleichzeitig als Schmuck und als Zahlungsmittel üblich. Wie von Odins Ring Draupnir jede neunte Nacht acht gleiche abtropften, so werden des öfteren gewaltige Mengen Ringe erwähnt, die unmöglich allein als Zierrat gedient haben können. In der „Graugans", dem altisländischen Gesetzbuch, heißt das Kapitel das von den Strafen und Bußen handelt: Baugatal, das Verzeichnis der Ringe. In den Heldenliedern der Edda, im Beowulf und Heliand ist der Titel „Ringspender" oder „Gebieter der Ringe" die von der Skaldenkunst besonders bevorzugte Bezeichnung des freigebigen Fürsten. Auch der Ausdruck „Ringbrecher" kommt vor. Er deutet auf die Sitte hin, nicht bloß ganze Ringe sondern auch abgebrochene oder abgehackte Stücke von solchen zu verwenden. Als Frithjof mit seinem Schiff in Seenot gerät, zerbricht er seinen berühmten goldenen Armring und gibt jedem seiner Segelbrüder ein Stück davon, damit keiner ohne Gabe zu der grimmigen Todesgöttin kommen muss. Dieser Brauch des Zerstückelns ließ eine andere Form für das Stück Metall, edles wie Erz, wünschenswert erscheinen, da der Gebrauchsgegenstand als solcher unbenutzbar und unansehnlich wurde, sobald er zerbrochen worden war.
Deshalb bediente man sich der Form der Barren, die in aller Welt und in allen möglichen Gestalten entweder wie kleine Stangen oder wie Klumpen, Kuchen oder Halbkugeln, einmal lamellenartig flach oder schließlich ganz formlos vorkommen und die den Vorteil hatten, dass man sich die gewünschte Menge Metall leicht durch Abhauen beschaffen konnte. Solche Barren hat Schliemann auf der Trümmerstätte von Ilion ausgegraben und sieht in ihnen die von Homer erwähnten Talente. Aus Mykenä stammen scheibenförmige Stücke. Herodot erzählt vom Perserkönig, dass er das bei ihm als Tribut einlaufende Gold schmelzen und in Fässer gießen lasse. Sei das Gefäß voll, zerbreche man es, um von dem goldenen Kern je nach Bedürfnis abhauen zu können. In Italien hat man gewaltige Funde formloser Kupferstücke gemacht, beispielsweise bei Vicarello mehr als 1200 Stück, die in über 10.000 Fragmente zerschlagen waren. Sogenannte „Hacksilberfunde“, bestehend aus Gussklumpen und zerhackten Münzen und Schmuckstücken, kennen wir aus Ägypten und dem 6. bis 4. vorchristlichen Jahrhundert, ebenso von den Küstenländern der Ostsee, Skandinavien und den von Slawen besiedelten Gebieten bis zur Elbe, aus der Zeit um das Jahr 1000 n. Chr. Später hat man auch Barren in verschiedenen deutschen Funden aus dem späteren Mittelalter nachweisen können.
Die durch den Verkehr mit den Barren entstandene Gewohnheit, sich die erforderliche Menge Metall selbst bereit zu stellen, hat eine der merkwürdigsten Erscheinungen im Verkehr des Mittelalters erzeugt: Die zerschnittene Münze. Da es regelmäßig nur eine einzige Geldsorte, nämlich den Pfennig gab, so half sich wer ein kleineres Stück brauchte einfach damit, dass er den Pfennig in zwei oder vier Teile schnitt. Daher enthalten unsere Funde oft einen sehr großen Prozentsatz solcher halbierten Münzen. Auf diese Weise erklärt sich auch der weitverbreitete Ausdruck „Ortstaler" für Vierteltaler, denn das Wort „Ort" bedeutete im Mittelhochdeutschen „Ende“ oder „Ecke“ und wir besitzen auch tatsächlich von dem Zaren Michael Feodorowitsch (1613-1645) derartige Münzen, die durch das Zerschneiden eines deutschen Talers in vier Teile und Überprägung dieser Stücke hergestellt wurden. Auch die russischen Münznamen, Rubel und Kopeke, deuten auf das Abhauen vom Barren hin und in der französischen Redensart : „il partirait une maille en deux" ist treffend das Bild eines Geizhalses bezeichnet, dem noch die maille, die kleinste Münze, zu schade zum Ausgeben ist. Der Brauch die Münze zu zerschneiden, ist nicht nur an verschiedenen Orten gesetzlich anerkannt gewesen, sondern die Stempelschneider haben ihn sogar noch gefördert, indem sie mit Vorliebe Gepräge wählten, die eine Teilung gestatteten ohne dass das Münzbild dabei ganz vernichtet und unkenntlich wurde. Münzen dieser Art kennen wir übrigens auch schon aus dem Altertum von Nemausus, dem heutigen Nimes. Sie zeigen die Köpfe des Augustus und des Agrippa einander gegenüber gestellt. Viel häufiger sind sie im Mittelalter zu finden. Unendlich oft trifft man einen Fürsten mit 2 Schwertern, 2 Lanzen oder 2 Fahnen in den Händen, eine symmetrische Darstellung sowie einen Turm, ein Kreuz, einen dekorierten Stab in der Mitte des Feldes, der die Teilungslinie schon im voraus ergibt und auf beiden Seiten von ihm dasselbe Bild, den Fürstenkopf, das Wappentier usw. In einigen Fällen ist sogar schon die Teilungslinie selbst, ähnlich wie bei einem Querbalken, mitten durch die Münze gezogen (s. Abb. 18). Schließlich ist der Gebrauch der Halbierung sogar auf die Briefmarke übergegangen, indem die Postverwaltungen auf diese Weise viele Provisorien zum Ersatz vorzeitig ausgegangener Werte herstellen. Von der Stückelung der Barren zur Erfindung der Münze blieb nur ein sehr kleiner Schritt, den der Umstand noch erleichterte, dass die Barren, genauer gesagt die von größerem Gewicht, an vielen Orten vor der Ausgabe mit einem Zeichen oder einer Marke versehen wurden, das, von der Obrigkeit oder dem ausgebenden Kaufmann aufgedrückt, den Ursprung, das Gewicht oder die Güte des Metalls gewährleistete. So gibt es eine alte Nachricht darüber, dass Servius Tullius der erste gewesen sei, der die römischen Kupferbarren habe zeichnen lassen, was bedeuten würde, dass zu der Zeit, die sein Name vorstellt (6. Jahrh. v. Chr.), dieser Gebrauch im römischen Staat aufgekommen ist. Im kaiserlichen Rom ist das amtliche stempeln üblich, während im Mittelalter private und offizielle Marken gleichzeitig vorkommen. Auf diesem Wege ist unser Wort "Mark", das von „merken" stammt, an sich nichts weiter als ein Zeichen bedeutet, zunächst zum Namen eines Gewichtes, bzw. eines gestempelten Barrens geworden. Bei den Hansen bedeutete es dann gleichzeitig eine Rechnungs- und eine wirkliche Münze („Mark Banko" und „Mark Kurant"), um schließlich der Währung des Deutschen Reiches den Namen zu geben. Wir werden später noch mehrere Münznamen kennen lernen, die ursprünglich Gewichte bezeichneten.
Die in dieser Zusammenstellung wohl eindeutige Entwickelung vom Gebrauchsgegenstand über das Rohmetall zum Barren von bestimmtem Gewicht und Feingehalt zeigt nicht nur, wie flüssig die Grenze zwischen Münze und „Geld" ist, sondern lässt auch den privaten Ursprung der Münze, der uns derzeit so beschäftigt, als gut möglich erscheinen. Erwähnt wurde bereits, dass Herodot an der Stelle, wo er den Lydern die Erfindung der Münze zuschreibt, dieses Volk zugleich als „die ersten Krämer" bezeichnet und wir kennen eine offenbar der ältesten Zeit entstammende Münze, die anscheinend einen Privatmann als ihren Urheber bezeichnet, wie vielfach angenommen wird, jenen Phanes, der in der Schlacht bei Pelusium (525 v. Chr.) an der Seite des Kambyses kämpfte. Da nicht bekannt ist, dass Phanes irgendwo als König oder sonst in amtlicher Eigenschaft hat prägen können, so wäre sein Geldstück (falls es ihm wirklich zuzuschreiben ist) in der Tat eine Privatmünze und man könnte annehmen, dass es nicht das einzige seiner Art ist. Dies wird tatsächlich von manchen Gelehrten angenommen, allerdings wird man es kaum beweisen können. Jedenfalls genügt angesichts der sehr bald eingetretenen „Verstaatlichung" des gesamten Münzwesens hier der Hinweis auf diese interessante Erscheinung.
Wenn wir sehen, wie der Kleinverkehr noch bis in sehr fortgeschrittene Zeiten sich neben der Münze der Friedensburg, Barren bedient hat, liegt die Frage nahe, ob die Münze nicht imstande gewesen ist, die ihr gestellte Aufgabe der Vermittlung des Gütertausches zu erfüllen. Unter diesem Gesichtspunkt wird eine Betrachtung der Größe und des heutigen Wertes der hauptsächlichsten Münzen hilfreich sein, doch muss von vorn herein klar sein, dass die Umrechnung der alten Münzwerte eine der schwierigsten Aufgaben der Forschung bildet und nur sehr bedingt richtige Ergebnisse hervorbringt. Es sind deshalb alle hier (in Reichswährung) gegebenen Zahlen bloß als Annäherungswerte zu verstehen.
Unter den griechischen Münzen wird der Golddareik (s. Abb. 5) auf 23,40 Reichsmark, das makedonische Goldstück ein wenig höher, die attische Tetradrachme, der „antike Taler" (s. Abb. 32), auf 3,15 Reichsmark, die syrische auf 2,60 Reichsmark geschätzt. Der römische „As“ verliert von seinem ursprünglichen Gewicht, dem des römischen Pfundes (= 327 g), allmählich 47 Achtundvierzigstel. Der Denar (= 10 Asses), anfänglich 0,80 Reichsmark wert (Abb. 9 ff., 48), sinkt auf 0,60 Reichsmark, das römische Goldstück (Abb. 50) von 22,85 Reichsmark auf den mit 12 Reichsmark zu bewertenden Solidus der Spätzeit (Abb. 24). Dies sind die hauptsächlich im Verkehr gewesenen Stücke. Größere Münzen zu 8, 10 (Abb. 43) und 12 Drachmen kommen sehr selten vor, noch seltener Vielfache des goldenen Staters. Ein Zwanzigstaterenstück des baktrischen Königs Eukratides, ein vollkommenes Unikum, ist wohl eher als Medaille anzusehen. Die kleinste griechische Münze in Gold ist der Zwölftelstater, in Silber des Tetartemorion, ein Vierundzwanzigstel der Drachme, also 0,032 Reichsmark. Sehr kleine Kupfermünzen sind von noch geringerem Wert. In Rom gingen die Teilstücke des As ursprünglich bis auf sein Zwölftel, die Unze, hinab. Als der As aber selbst auf diesen Wert herabsank, ist sein Viertel, der Quadrans, der kleinste Wert gewesen. Der halbe Denar ist selten geprägt worden, noch viel seltener das Viertel, der Sesterz, der trotzdem schlechtweg „nummus", die Münze „par excellence“, heißt. Größere Silbermünzen als den Denar hatte man nicht, bis Caracalla († 217) den etwas größeren „Antonian" einführte. Die meisten Anfertigungen des Goldstücks tragen bereits den Charakter von Medaillen. Der mittelalterliche Pfennig, die in Silber geprägte, einzige Münze mehrerer Jahrhunderte, von der es nur ab und zu Halbstücke gibt, wechselt in ihrem Wert nach Ort und Zeit sehr häufig. Ihren höchsten Wert dürfte sie unter Karl dem Großen (Abb. 25) mit 0,33 Reichsmark gehabt haben. In gleichem Wechsel schwanken die späteren Groschen (Abb. 34, 67), von denen kaum ein Stück dem in der maßgeblichen Münzordnung gesetzten Wert entspricht. Über 0,70 Reichsmark wird man keinen von ihnen ansetzen können. Ein Zwölftel davon ist der Heller, von dem es auch noch Halbstücke gibt. Den Dukaten (Abb. 33, 73) kann man mit 9,60 Reichsmark, den ältesten Taler (Abb. 35) mit 4,50 Reichsmark berechnen. Zahllose Abweichungen sind selbstverständlich mit einzubeziehen. Vom Dukaten gibt es Teilstücke bis zum Zwölftel, das aber nur eine Spielerei darstellt und zahlreiche Stücke bis zum Zehndukatenstück, das nach dem von Portugal entlehnten Gepräge des Kreuzes Cruzado oder Portugaleser genannt wird und in Hamburg bis zur Jahrhundertwende als Schau- und Gedächtnismünze geschlagen worden ist. Der Taler wird bis zum Achtel geteilt und bis zum Vierfachen vervielfältigt, kleinere Stücke sind gewöhnlich der Groschenrechnung angepasst und nach ihr benannt, größere sind Schau- und Zweckmünzen, von denen im vorletzten Abschnitt berichtet werden wird.
Eine Frage, die dem Münzforscher mit Vorliebe von den Laien vorgelegt wird, lautet: „Was konnte man für das und das Stück denn nun kaufen?" Wissenschaftlich ausgedrückt lautet sie: welches war die Kaufkraft der verschiedenen Geldsorten? Man hat sich unsäglich viele Mühe gegeben, sie zu beantworten, indem man Rechnungsbücher, Ausgabenverzeichnisse, Zinsregister und dergleichen heranzog und versuchte, entweder den Preis des Getreides oder den Tageslohn, der zumindest den, zur Existenz erforderlichen Mindestbetrag darstellt, für längere Zeiträume zu ermitteln und das Gefundene mit den heutigen Sätzen verglich. Es scheint aber so zu sein, dass der berühmte Nationalökonom Jean Baptiste Say Recht behalten wird, der diese Arbeit mit der Quadratur des Kreises verglich. Tausend Umstände tragen dazu bei, diese Berechnungen des Erfolges zu berauben. Zum einen die Dürftigkeit und Zusammenhanglosigkeit der überkommenen Preisnachrichten, zum anderen ihre meist nur sehr beschränkte Geltung, unsere Unkenntnis in Bezug auf die alten Maße und Gewichte, die womöglich noch mannigfaltiger waren als die Münzen, und vor allem die Unmöglichkeit, den Wert der Münzen, die ebenso von einander wie von den Satzungen der Münzordnungen abweichen, einigermaßen sicher zu bestimmen. Ignorabimus („Wir wissen es nicht und wir werden es niemals wissen“)!
Unvollständig und unzusammenhängend sind auch unsere Kenntnisse über die Stärke der Ausmünzung zu den verschiedenen Zeiten, sodass wir uns auch hier mit einigen Andeutungen begnügen müssen. Das klassische Altertum hat uns überaus gut besetzte Reihen hinterlassen, welche beweisen, dass man das Münzen zu Zeiten in gewaltigem Umfange betrieben hat, wie ja auch in den Funden zum Teil riesiger Summen zu sehen ist. Herodot erzählt von einem Lydier Pythios, der dem Xerxes einen Schatz von 3.993.000 baren Dareiken vorwies und die Zahl der silbernen Geldstücke, die Livius als die Beute der verschiedenen römischen Feldherrn in den letzten Kämpfen gegen Griechenland angibt, steigt in die Hunderttausende. Von Tarent erkennen wir an Doppeldrachmen (s. Abb. 4) aus der Zeit von 450-212 v. Chr. an 260 Verschiedenheiten, an athenischen Tetradrachmen der Epoche von 220-30 v. Chr. besitzt allein das Berliner Kabinett von 950 Stück, mit dem Namen Alexanders des Großen haben wir etwa 1.700 verschiedene Münzen, von denen ein Teil allerdings nach seinem Tod bis ins erste Jahrhundert v. Chr. geprägt wurde, die kleine Stadt Tomi am Schwarzen Meer, berühmt als Ovids Verbannungsort, hat von 250 v. Chr. bis 249 n. Chr. etwa 1.200 verschiedenartige Kupfermünzen geschlagen. Schon jetzt hören wir gelegentlich von Mangel an barem Geld, zu dessen Beseitigung man dann wohl die Tempelschätze angriff. Auch die erste Notmünze, von dem athenischen Feldherrn Timotheos um 370 bei der Belagerung von Olynth geprägt, verdankt solchen Nöten ihren Ursprung.
Noch stattlicher sind die Reihen der römischen Kaiser. So sind z.B. von Nero 360, von Trajan gegen 660, von Hadrian sogar 1.600, von Antoninus Pius 1.200 verschiedene Münzen aus der Prägestätte der Hauptstadt bekannt, zu denen dann noch die unzähligen Erzeugnisse der Kolonien und der griechischen Stätte treten. Auch hier sind merkwürdige Schwankungen und Unstimmigkeiten zu verzeichnen. Wie die Verschlechterung der Silbermünze seit dem Beginn des dritten Jahrhunderts dazu führt, dass nur noch Gold, „Billon" und Kupfer geschlagen wird, wie auch die Billondenare verschwinden und nur noch Gold und Kupfer übrig bleiben, wie dann auf einmal im fünften Jahrhundert auch das Kupfer selten wird, ohne dass die neuen Silbermünzen zahlreicher werden, so dass aus den 21 Jahren von Diokletians Regierung etwa zwanzig mal so viel Kupfermünzen vorhanden sind wie aus den 70 vom Tode des Honorius (423) bis auf Anastasius (491-518). Es darf uns daher nicht wundern, wenn wir lesen, wie die Geldnot auch in diesem musterhaft verwalteten Staate ständig wird, so dass die Steuern in Naturerzeugnissen entrichtet und Marken zum Ersatz des fehlenden Kleingelds verwendet werden. Während der ganzen Zeit von Gallienus (260-268) bis auf die Mitte der Regierung Diokletians (284-305), der Staatsbankerott einen Dauerzustand bildet.
Für das Mittelalter lassen sich kaum irgendwelche auch nur einigermaßen genaue Daten ermitteln, da die überaus zahlreichen unbestimmten und unbeschrifteten Stücke jede Statistik so gut wie unmöglich machen. Immerhin werden folgende Angaben von Interesse sein:
Von den Merowingern besitzen wir aus den etwa zweieinhalb Jahrhunderten ihrer Prägung ungefähr 7.000 Münzen, die sich auf etwa 800 Münzstätten verteilen. Karl den Großen nennen die Münzen, abgesehen von den Pfennigen mit „Palatina moneta" und „Christiana religio" von 95 Ortschaften und 8 Vasallen, dazu noch solche von Päpsten und Fürsten von Benevent. Die Angelsachsen besaßen sehr viele Münzen. Ethelred II. von Northumberland (840-848) hatte 400, der gleichnamige König von ganz Britannien (978-1016) hatte sogar über 4.300 aus 83 Orten. Daneben hatte Knut (1016-1035) 3.860 aus englischen und 60 aus dänischen Münzstätten. Aus der Brakteatenzeit müssen auch noch folgende Herren genannt werden: Heinrich der Löwe mit über 30 braunschweigischen Prägungen, noch stärker ist Erzbischof Wichmann von Magdeburg (1154 -1192) vertreten, Bernhard, Graf von Anhalt und später Herzog von Sachsen (1180-1212), hat sogar 100, Boleslaw I. von Schlesien (1163-1201) 70 durch Schriftstücke oder sonst ausreichend gesicherte Stücke aufzuweisen. Dieser durch die häufige Verschlagung geschaffenen Fülle stehen die Reihen des Westens gegenüber, wo der Pfennig seltener gebrochen wurde. Wir finden zum Beispiel von den Kölner Erzbischöfen und den Bischöfen von Münster, die zweifellos sehr viel Geld geprägt haben, oft nur zwei oder drei verschiedene Stücke aus einer Regierung. Bei den Münzen des Mittelalters sind noch dazu die Stempelverschiedenheiten in Rechnung zu ziehen, deren Zahl im Verhältnis zum Altertum ganz erheblich gewachsen ist. Selbst bei häufigen Münzen einfacher Präge fällt es oft schwer auch nur zwei mit demselben Stempel geschlagene Stücke sicher nachzuweisen. Dazu scheint gerade hier der Zufall, in Bezug auf die Rettung in die Neuzeit, eine besondere Rolle zu spielen.
So war der Denar mit dem Bild der Petrissa, der Gemahlin Heinrichs, des letzten rechtmäßigen Wendenfürsten der Mark, bis zum Jahre 1880, wo ihn der Fund von Michendorf mit 320 Exemplaren brachte, völlig unbekannt und ein ungarischer Fund enthielt nicht weniger als 2.000 verschiedene Abarten eines Pfennigs des Königs Bela II. (1131-1141). Vor 50 Jahren galten die heute häufigen Münzen der, von den Kreuzfahrern im Morgenland gegründeten Reiche, als besonders selten und noch jünger sind unsere Kenntnisse von dem pommerschen Münzwesen des 13. und 14. Jahrhunderts. Wenn wir also in unseren Münzlisten auf weite Lücken stoßen, wenn ganze Jahrzehnte in sonst reichen Gebieten münzlos sind, wenn sogar in großen, zusammenhängenden Reihen plötzlich ein Fürst ausfällt, dann können wir nicht immer mit Sicherheit sagen, dass generell keine Münzen geprägt worden sind. Immerhin ist sicher, dass im Mittelalter nicht von jedem Münzherrn Geld geschlagen worden ist und wir können es wohl verstehen, wenn laut der Urkunden nicht nur Abgaben vielfach oder überwiegend in Erzeugnissen der Landwirtschaft und der Viehzucht entrichtet worden sind, sondern auch der Handel noch lange mit Wachs, Salz, Pfeffer, mit Rossen, Kleinodien und Stoffen als Zahlungsmitteln gearbeitet hat.
Nach Abschaffung der häufigen Verschlagung und Einführung einer beständigen Münze in Groschen, Goldgulden usw. werden natürlich die Münzreihen bedeutend kleiner, da sehr viele dieser Stücke, z.B. die Venezianer Zecchinen und die böhmischen Groschen Jahrhunderte hindurch mit demselben Gepräge, nur mit Änderung des Fürstennamens, geschlagen worden sind. Aber auch hier kommen auffällige Unterschiede vor. So haben wir z. B. vom Kurfürsten Friedrich II. von Brandenburg (1440-1470) 13 verschiedene Groschen, von seinem Nachfolger Albrecht (1470-1486) einen einzigen.
Die neuere Zeit wird durch das Aufblühen der Bergwerke in der alten Welt und den Zufluss gewaltiger Gold- und Silberschätze aus der neuen in den Stand gesetzt, die Geldwirtschaft immer vollkommener durchzuführen. Entsprechend steigen die Ziffern der Ausmünzung, doch sind auch hier die Aufzeichnungen dürftig und die Zahlenangaben unsicher, weil die Zählung in Bezug auf die Behandlung der Jahrgänge und Stempelverschiedenheiten nicht überall gleichmäßig durchgeführt wurde. Voran steht natürlich das Kaiserhaus der Habsburger. Schon von Ferdinand I. (1526-1564) kennt man über 1.900 verschiedene Stücke aus dem Gesamtgebiet seines großen Reiches und Kaiser Leopold, einer der münzreichsten Fürsten aller Zeiten, dessen Gepräge noch heute zu den häufigsten gehören, hat allein in Breslau, in den Jahren 1692-1698 und von 1704-1711, für etwa 2.750.000 Taler Silbergeld geschlagen. Die ganze Prägung Österreichs und den ungarischen Münzstätten erstellten in den Jahren 1724-1745 6,916 Millionen Dukaten und über 12 Millionen Taler, wozu noch kleinere Münzen im Werte von über 7 Millionen Gulden kommen. Die Ausprägung der französischen Louisdor (24 Livres) berechnet man für die Jahre 1726-1785 auf 13 Millionen Livres. Sehr reich an Talern sind besonders die braunschweigischen und sächsischen Fürsten, dank ihren Harzer Silbergruben. Bis zum Jahre 1700 haben erstere nahe an, letztere über 200 verschiedene Taler, davon die meisten eine Reihe von Jahren hindurch, geprägt. Unter den deutschen Städten haben Lübeck seit 1226 etwa 670, Hamburg seit 1325 etwa 1500, Stralsund von 1335-1763 etwa 220, Frankfurt von 1519-1866 etwa 590, Nürnberg von 1356-1806 über 1800 Sorten, die einzelnen Jahrgänge jeweils besonders gerechnet, geschlagen. Durch einen verhältnismäßigen Reichtum an Goldmünzen zeichnet sich auch Breslau aus: 80 Stück aus den Jahren 1517 bis 1578 und 1611 bis 1622. Eine Vorstellung von dem Umfang der „Kipperprägung“ gebe die Tatsache, dass Herzog Friedrich Ulrich von Braunschweig in 40 Münzstätten etwa 600 Sorten solcher Stücke geschlagen hat, während wir von der Stadt Schweidnitz aus den Jahren 1621 und 1622 über 20 verschiedene Sorten besitzen.
Aber selbst diese Zahlen verschwinden vor denen der modernen Ausmünzung, obwohl das Bedürfnis entscheidet und nicht alle Staaten alle Jahre alle Münzsorten prägen.
Hier eine kleine Übersicht der hauptsächlichsten Prägungen der Welt, die alle Metalle und Sorten zugleich umfasst:
Schon im Altertum arbeitete der internationale Verkehr vielfach mit Kreditpapieren, die bereits bei Cicero erwähnt werden. Es genügte also die Münze mitsamt den Barren noch nicht und so ist es auch im Mittelalter gewesen. Bekanntlich ist dies noch heute so. Die Vorteile, die der Barren bot, waren doch zu bedeutend und darum darf man seine Beibehaltung, sein Obsiegen über gelegentliche Verbote, nicht ohne weiteres als ein Zeichen des Mangels an barem Geld ansehen. Im Gegenteil, er ersetzte an vielen Orten die größeren Münzen und deshalb fehlte es auch nicht an Versuchen und Veranstaltungen, Pfennig-und Barrenrechnung miteinander in Verbindung und Einklang zu bringen.
Es wird allgemein bekannt sein, dass nach den heutigen Münzgesetzen jedes Geldstück ein nicht nur genau bestimmtes, sondern auch streng festgehaltenes Gewicht hat. So wiegen z. B. 500 Mark in Gold genau 0,4 kg. Auf diese Weise sind also das Abwiegen und das Zählen des Geldes in gewisser Weise einander gleichgestellt. Dieses Ziel hat man auch in alter Zeit wahrscheinlich meistens angestrebt aber es bei der Unvollkommenheit der Technik nirgends so recht erreicht. Nach dem Gesetz Karls des Großen sollten aus dem Pfund Silbers 240 Pfennige geprägt werden, 240 Pfennige also ein Pfund wiegen. Als man nun aber im 11. Jahrhundert anfing, das Gewicht der Münze zu verringern, da wogen die 240 Pfennige nicht mehr ein Pfund und es bildete sich ein mit dem sinkenden Gewicht des geprägten Geldes wachsender Unterschied zwischen dem Pfund und der Gewichtsmenge feinen Silbers, die die 240 Pfennige enthielten und die man ein „Zählpfund“ nannte. Da Pfund und Mark nicht überall gleich schwer gewesen sind, sondern vielmehr die Ungenauigkeit der mittelalterlichen Wiege-Instrumente in Verbindung mit der Macht der Gewohnheit eine ganze Reihe z. T. sehr erheblich voneinander abweichender Gewichte gleichen Namens geschaffen hat, so wird die außerordentliche Unsicherheit schnell deutlich, die in Bezug auf den tatsächlichen Wert von Schuldverschreibungen und Summenangaben einreißen musste. Egal ob man nach Zahl oder nach Gewicht rechnete oder mit Barren oder Pfennigen handelte. Die Kaufleute suchten sich demgegenüber durch möglichst genaue Vertragsbestimmungen ab zu sichern. Sie bezeichneten Gewicht und Gehalt entweder nach dem „landes-üblichen" Satz zur Zeit und am Ort der Zahlung („argentum usuale") oder nach einem maßgebenden Handelsplatz: Kölnische Mark und Kölnischer Brand, Hamburger Witte und Wichte zum Beispiel.
Diese Namen gaben die Zahl der Groschen an, die auf die Mark, der Heller, die auf ein Pfund gehen sollten, doch scheinbar alles ohne rechten Erfolg.
Die Sitte, das geprägte Geld abwechselnd abzuwiegen und abzuzählen, führte noch zu manchen anderen Erfindungen, die dieses Geschäft abkürzen sollten. Zu den verschiedensten Zeiten bediente man sich versiegelter Beutel, die eine bestimmte Summe enthielten. So ist das lateinische Wort für Beutel, „follis“ der Name einer spätrömischen Kupfermünze geworden, während „fiscus“, die Kasse, insbesondere die des Staates, ursprünglich einen zur Aufbewahrung von Geld dienenden Korb bedeutet. Im Mittelalter waren Heller in Säcken im Verkehr, und der Beutel ist im Orient noch jetzt eine Rechnungsmünze (500 Piaster). Sein arabischer Name bedeutet in der Gaunersprache „Kies" und steht auch heute noch vulgär für Geld überhaupt. Zu Ende des 18. und im Anfang des 19. Jahrhunderts wurde in Preußen die Scheidemünze in Tüten in Verkehr gebracht, die seit 1807 von besonderen Behörden, den Verifikationskommissionen, unter Bescheinigung des Inhalts versiegelt waren. Etwas unseren Geldrollen ähnliches zeigt die Behandlung der Brakteaten, die übereinander gelegt und teils durch Einbiegung ihrer Ränder, teils durch Bindfaden zusammengehalten wurden. Die Schwierigkeiten des Geldverkehrs erhöhte die ungeheure Vielfalt des umlaufenden Geldes ganz erheblich. Allerdings entspricht es dem Charakter der Münze, als eines vom Staate ausgegebenen Wertzeichens, ihre nur territoriale Geltung. Ihr Umlaufs-Gebiet reicht grundsätzlich nicht weiter als die Macht, die gewährleistend hinter ihr steht. Kurz und knapp drückt dies unser Rechtssprichwort aus: „Der Pfennig gilt nur dort, wo er geschlagen ist“. Aber dieser Grundsatz hat sich niemals und nirgends streng durchführen lassen, vielleicht das Papiergeld der deutschen Kleinstaaten einmal ausgenommen, denn vor 140 Jahren konnte man bei einem Tagesmarsch gelegentlich drei- bis viermal die Erfahrung machen, dass der Schein, der eben noch „gut" gewesen war, mit denselben Zeichen der Geringschätzung zurückgewiesen wurde, wie jenes Strafgeld von den Münzern Mieskos III. Aber schon die Münzfunde ältester Zeit zeigen einen gemischten Inhalt und die ungeheure Menge der Patente, aus dem 16. und 17. Jahrhundert, die mal die eine, mal die andere Sorte bei Strafe der Beschlagnahmung verbieten, spricht nicht für die Beobachtung dieser Vorschriften.
Bereits ziemlich früh haben einzelne Münzsorten vor anderen die Gunst der öffentlichen Meinung gewonnen. In vielen Fällen mag die Ursache ihr wohlgefälliges Gepräge gewesen sein, häufiger wird jedoch der innere Wert den Grund der Bevorzugung gewesen sein. Je weiter solche Vorzüglichkeit bekannt wurde, desto begehrter wurde die Münze im Verkehr, ein einfacher psychologischer Vorgang, der noch heutigen Tages z. B. dem Besitzer einer berühmt gewordenen Fabrikationsmarke Reichtümer in den Schoß wirft.
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