Die Münze als öffentliche Meinung!

Die Erkenntnis, die unser Sprichwort: „Geld regiert die Welt" mit unvergleichlicher Knappheit ausspricht, führte wohl schon früh zu dem Gedanken, wie gut sich die Münze dazu eignet, eine Vorstellung oder eine Nachricht zu verbreiten, die mündlich oder gar schriftlich schwer zu vermitteln ist. Die Freude am Leben und seinen Gütern, an Schönheit, Besitz, Weisheit und Ruhm, ist nicht wie der Geizhals, der seine Schätze vergräbt. Sie will sich äußern und verbreiten, will gehört und verstanden, geteilt und beneidet werden. Und dem Staat muss daran liegen, vor seinen Bürgern, seinen Freunden und seinen Feinden stolz und groß dazustehen und, je nach Bedürfnis, Vertrauen und Furcht zu erwecken. Aus diesen Erwägungen hat man sich von jeher bemüht, der Münze ein möglichst gefälliges und eindrucksvolles Gepräge zu geben. Schon König Darius wollte sich, wie Herodot ausdrücklich hervorhebt, mit seinem Goldstück ein Denkmal schaffen, wie es kein anderer Fürst für sich selbst errichtet hätte. Er hat seinen Zweck auch erreicht: Simonides und Sophokles haben seinen Münzen (s. Abb. 5) unvergänglichen Ruhm bereitet. Wie weit man diesen berechtigten Zug gelegentlich übertrieben hat, zeigten uns die reißerischen Aufschriften des entarteten Hellenentums.

Unter Umständen ist es sogar bloß darauf angekommen, dass überhaupt Münzen geschlagen wurde, um der Welt zu zeigen, dass man im Besitze dieses höchsten Hoheitsrechts war. Neue Fürsten, sogenannte „Eintages-Herrscher“ und Prätendenten haben es sich daher nicht nehmen lassen, sobald wie möglich mit ihrem Bild oder wenigstens unter ihrem Namen und Zeichen zu prägen, scheinbar in der Hoffnung, damit das Reich sicher und dauernd erlangt zu haben oder wenigstens die Welt dies glauben zu lassen. Die kurzlebigen syrischen Gegenkönige Alexander II., Timarchos und Achaios schlugen sofort Geld, und zwar Gold, weil gerade Gold den selbständigen Herrscher kennzeichnet. Als Antiochos VII. von Syrien die Autonomie der Juden anerkannte, gestattete er ihrem Führer, dem Makkabäer Simon, gleich eigene Münze zu schlagen. Nach Kaiser Neros Tod im Jahre 68 haben alle vier Bewerber um den erledigten Thron der Welt (Clodius Macer, Otho, Vitellius und Galba) geprägt, auch Vespasians erste Regierungshandlung, als ihn seine Legionen zum Kaiser ausriefen, galt der Anordnung einer Münzung in seinem Namen. Die Eile, mit der die Prägung im Namen des neuen Herren betrieben wurde, war oft so groß, dass man nicht einmal abwartete, bis man ein Bildnis von ihm hatte, sondern das Abbild eines früheren Herrschers verwendete. Es reichte aus, dass wenigstens die Inschrift stimmte. So haben sogar die kurzlebigsten Kaiser aus der Zeit der sogenannten 30 Tyrannen (Marius, Jotapianus, Regalianus usw.) haben uns mit Münzen und sogar ganzen Reihen beschenkt. Von Heinrich III. voll Glogau († 1309) berichtet der Chronist, dass er, „so lange er lebte, sich Herrn und Erben des Königreichs Polen schrieb und nannte, obwohl doch ein anderer, Wladislaw Lokietek, im Reiche Polen herrschte und er die Salbung und Weihe als König nie erhielt". Dementsprechend trägt er auch auf seinen Krossener Pfennigen die polnische Königskrone in der Hand. Selbst das strenge Puritanertum Cromwells unterlag der Versuchung, die vom Glanz der Münze ausgeht. Er ließ sich mit dem königlichen Lorbeer im Haar und mit dem Titel „dei gratia" geschmückt auf seinen Geldstücken abbilden und schuf damit ein Gegenstück zu den Geprägen Cäsars, der Cäsarmörder. Die zahlreichen Thronprätendenten des Orients, wie die ungarischen „Rebellen", die Zapolyas und Rakoczys, der Winterkönig Friedrich von Böhmen, der schattenhafte König Theodor von Korsika und der noch schattenhaftere „Orellie Antoine von Araukanien" (ersterer ein westfälischer Edelmann, letzterer ein Pariser Advokat) haben in unseren Münzschränken die (oft einzigen) Zeugen ihres Herrscherdaseins hinterlassen, nicht minder die kurzlebigen italienischen Republiken von Napoleons und des 1848er Völkerfrühlings Gnaden. Alles in allem eine Illustration zu der Stelle in Wallensteins Lager von Schiller, wo der Wachtmeister den letzten Zweifel an dem fürstlichen Rang seines Herren niederschlägt, indem er eine wallensteinische Münze herumzeigt: „Wollt Ihr mein Wort nicht gelten lassen, Sollt Ihr's mit Händen greifen und fassen. Schlägt er nicht Geld wie der Ferdinand?“

Auch von unzweifelhaft münz-berechtigten Herren ist in Zeiten, wo die Reichsgewalt diese Prägungen eingeschränkt werden sollte, lediglich zu dem Zweck Geld geschlagen worden, um sich vor der Öffentlichkeit im Besitz ihres Rechtes zu beweisen und die Verjährung durch Nichtgebrauch auszuschließen. So ist es z.B. seitens der Schwarzenberge, Lobkowitze, Liechtensteiner und des letzten Herzogs von Württemberg (natürlich nicht immer mit Erfolg) geschehen.

Ein Art Gegenstück zu diesem Brauch bildet die Vernichtung eines numismatischen Andenkens. Es sind einige Fälle bekannt, in denen durch schwere Strafandrohung die Einlieferung anstößig gewordener Geldstücke erzwungen wurde, die man dann wieder einschmolz. Dies ist z. B. den Münzen widerfahren, welche die Breslauer Lieferanten 1781 zu Ehren des schlesischen Ministers Grafen Hoym hatten schlagen lassen, indem sie auf den königlichen Geprägen das Datum seines Geburtstages anbrachten. Ein eigenartiges Verfahren, in gewisser Weise eine Art Totengericht über eine gestürzte Größe, zeigt eine Anzahl meist asiatischer Münzen, auf denen die Köpfe oder Inschriften des Sejanus, des einst allmächtigen Ministers des Tiberius, des C. Caesar (Caligula), des Domitianus, des L. Septimius Geta, des unglücklichen jüngeren Bruders des wilden Caracalla und schließlich, wie zur nachträglichen Vergeltung mit Gleichem dieses Caracalla selbst, weggekratzt und unkenntlich gemacht sind. Eine etwas umständliche aber umso eindrucksvollere Prozedur, die aus Ägypten zu stammen scheint oder zumindest dort ihren frühesten Vorgänger in dem Gebrauch hat, den Namen eines verhassten Königs aus seinen Inschriften weg zu meißeln. So haben z.B. die Priester des alten Volksgottes Amun Re sich an Amenophis IV. gerächt, der im 15. Jahrhundert v. Chr. neue Kultusformen eingeführt hatte. Einen ganz modernen aber wahrscheinlich auf staatliche Sparsamkeit zurückzuführenden letzten Ausklang solcher etwas schauerlichen Tilgung im Buch der Weltgeschichte („damnatio memoriae” lautet der römische Kunstausdruck) bilden einige Briefmarken der Republik Liberia und des Königreichs Serbien, auf denen die Köpfe eines abgesetzten Präsidenten durch Abschleifen des Stempels und des Königs Alexander durch Überdruck beseitigt wurden.

Neben dieser tendenziösen Behandlung bereits vorhandener Münzen steht unmittelbar die Ausgabe von Geldstücken, die eine bestimmte Absicht zum Ausdruck bringen. Dieser Gebrauch ist sicher sehr alt und höchstwahrscheinlich sehr viel häufiger als wir, denen die in Betracht kommenden Beziehungen und ihre Ausdrucksmittel nicht mehr allzu geläufig sind, erraten könnten. Auf einer jetzt überwundenen Stufe ging die Münzerklärung, wie man es nannte, so weit, womöglich in jedem Stempelfehler einen diplomatischen Anklang zu erahnen. Dann glaube man eine Zeit lang, sich aller derartigen Gedanken gänzlich entledigen zu müssen. Dies führte dazu, dass sich die gesamte Fülle der Beispiele zeigte, dass es tatsächlich zu allen Zeiten Münzen gegeben hat, die das Denken derer, denen sie durch die Hände ging, in bestimmter Richtung zu beeinflussen versuchen, sei es durch ein eigens erfundenes Gepräge, eine besondere Inschrift oder auch nur ein unscheinbares Beizeichen. Wie auffällig ist z. B. ein Geldstück des britischen Imperators, das außer seinem eigenen die Häupter der gleichzeitigen Kaiser Diokletian und Maximian und die beispiellose Aufschrift zeigt: „Carausius et fratres sui!" Man bekommt sehr schnell den Eindruck, es handle sich hier um einen nicht sehr einflussreichen Imperatort, der sich mit seinen „großen Brüdern" brüstet, in der Hoffnung, von ihrem Glanz scheine auch etwas auf ihn. Wenn der Fürst Agrippa I. sich „Cäsar-freund" schreibt, so will er sich seinem furchtbaren Oberherren zu hohen Gnaden empfehlen, der "Marcgrave Otto" betont dem „Knäs Jakza" gegenüber „Ich bin ein deutscher Fürst“. Friedrich der Weise, der die Worte Jesus Maria auf seinem Harnisch durch den Heilandsnamen ersetzt, und Ulrich von Württemberg, der seine Devise: „da laudem deo et ejus genitrici Marie" in „da laudem deo omnipotenti" umwandelt, bezeugen: Wir sind evangelisch. Die auf englischen Münzen seit Heinrich VII. (1485-1509) häufig erscheinende Rose und die wunderliche Titulatur der Königin Elisabeth „von Gottes Gnaden Rose ohne Dorn" sind der Ausdruck der Freude über das Ende des entsetzlichen hundertjährigen Krieges, zwischen der weißen und roten Rose, den Häusern York und Lancaster, die kleine Sonne über dem Haupt Ludwigs XIV. eine Schmeichelei gegen den „roi soleil". Und wer fühlt nicht den Stolz der wackeren Flamen mit, wenn er jetzt auf den belgischen Münzen neben der französischen Devise: „L'union fait la force" auch die deutsche Losung: „Eendracht magt Kracht" liest und wenn er damit das Geld der habsburgischen Monarchie vergleicht, deren transleithanische Emissionen unbekümmert um die nichtmadjarischen Völker ausschließlich ungarisch reden, während die österreichischen noch immer nur lateinisch sprechen, nicht nur in der Titulatur, sondern auch in den Wertangaben? Die Münze „Quinque coronae" aus dem Jahr 1900 ist auch ein Geschichtsdenkmal!

Tendenzmünzen

Solche Tendenzmünzen sind überwiegend in Deutschland beliebt gewesen, wo man ihnen mit Vorliebe die Gestalt des Talers aber auch, je nach Anlass und Gepräge, eigene Namen gegeben hat, z. B. die Lügen-, Rebellen-, und Wespentaler, mit denen Heinrich Julius von Braunschweig 1595 seinen Gegnern zu Leibe rückte. Die harmlosesten sind die Stücke die, dem Volk die Religion erhalten sollten. Am entschiedensten, um nicht zu sagen aufdringlichsten verfolgen diesen Zweck einige Taler des Herzogs Ernst des Frommen von Sachsen-Gotha (1648-1678), deren Namen „Glaubens-, Katechismus- oder Seligkeitstaler bereits ihr fast nur aus Schrift bestehendes Gepräge verraten. Einen nicht unwichtigen Beitrag zur Geschichte des Weihnachtsfestes bilden die zahlreichen großen und kleinen Münzen und Medaillen, die sich in Gepräge oder Aufschrift auf die Geburt Jesu oder die Jahreswende beziehen und als Geschenk gedacht waren. Schon dem Kaiser Hadrian hat man einen Medaillon verehrt, in dessen Inschrift ihm Senat und Volk ein glückliches und gesegnetes neues Jahr wünschen und bereits im 16. Jahrhundert finden wir in Nürnberg die Formel „Prosit das neue Jahr". Von jeher hat gerade die Medaille das religiöse Gebiet gepflegt und es sich immer mehr zu eigen gemacht. Unübersehbar ist die Zahl der „moralischen" Medaillen mit Darstellungen aus dem Alten und Neuen Testament, inklusive Allegorien, die an alle erdenklichen Tugenden und Pflichten erinnern. Im 16. Jahrhundert haben Joachimstaler Künstler derartige Medaillen angefertigt, später haben sich wohl alle Eisenschneider, die überhaupt für den Verkauf arbeiteten, damit abgegeben. Man beschenkte insbesondere Hochzeitspaare und Patenkinder mit solchen Stücken, letztere wohl in der Form, dass man die Medaille an eine Kerze befestigte. Daher stammt vermutlich der Name „Kerzen-Dreier“, der im Nürnberg des 18. Jahrhundert geprägten Münzchen dieser Art gegeben wurde. Es ist geschichtlich nachgewiesen, dass es einen Versuch gab, auf Anregung Kaiser Wilhelms II. durch Preisausschreiben des Kultusministeriums, den Brauch der Hochzeits- und Taufmedaillen wieder zu beleben. Auch sonst konnte man für alle Vorgänge des eigenen Lebens, sowie des Kirchenjahres, bei denen der Mensch sich gewöhnlich seiner Religion lebhafter bewusst wird, eine passende Medaille finden. Einen urkundlichen Beleg, wie vielseitig und erfindungsreich man im Ausdenken derartiger Medaillen war, gibt die Disposition der Neujahrspredigt eines Geistlichen aus der Gegend von Görlitz aus dem Jahr 1661. Sie ist in 15 Abschnitte zerlegt, die sich auf die verschiedenen Pflichtkreise bezieht (Obrigkeit, Untertanen, Richter, Gemeinde, Eheleute usw. bis zu den Knechten und Mägden, Alten und Kranken) und deren Inhalt in der Form je eines „schönen Denkpfennigs aus der Schatzkammer der Bibel zusammen gefasst wird. Gelegentlich tritt auch die Philosophie in den Bannkreis der religiösen Medaille, dann ist ihre Behandlung oft recht interessant. Während die alte italienische Medaille auch hierin ganz unter dem Einfluss der Antike steht und sich nicht scheut, den Heiland auf den in Platons Gastmahl genannten Sohn der Metis, der Überlegung, also des göttlichen Ratschlusses, zu deuten, wird die Sapientia später die merklich zurückgesetzte Schwester der Religio und es ist schon ein bedeutendes Entgegenkommen, wenn sie auf der Medaille eines sächsischen Theologen mit jener zusammen unter dem Baum der Erkenntnis dargestellt wird, stehend und die Blüte haltend, während die sitzende Religio ihr die Frucht reicht.

Weitaus schärfer tritt die religiöse Tendenz in der Regel in den Stücken zutage, die einen Diener der „ecclesia militans“, einen Vorkämpfer seines Bekenntnisses verewigen. Dies gilt vor allem für Luther, der zuerst auf einer Medaille vom Jahre 1517 noch in der Mönchskutte erscheint, während das nächste Stück von 1521 den Cranachschen Stich kopiert. Seine Vorläufer und seine Gefährten, sein Leben, Werk und Andenken feiern geradezu zahllose Medaillen, ein „güldenes und silbernes Ehrengedächtnis", wie es keinem zweiten Menschen, sei es auch ein Deutscher oder Ausländer, Fürst oder Privatmann, bereitet worden ist. Besonders die Jahrhundertfeiern von 1617 und 1630, 1717 und 1730 sind von einer Menge von Fürsten und Städten durch Prägung von Goldstücken, Talern und kleinen Münzen verewigt worden. Unter den Medaillen sei ein Stück italienischen Ursprungs besonders hervorgehoben, nämlich das von Luthers Gattin. Diese Münze zeigt sie, wie eine Fürstin dargestellt. Der welsche Künstler besaß offenbar kein Bild als Vorlage, sondern ließ seiner Phantasie freien Lauf. Daher konnte dem die Gattin des großen „haeresiarcha", der die Tiara antastete, die Fürsten schimpfte und den Teufel in die Flucht trieb, nicht anders als ein gewaltiges Weib vorstellen. Dabei handelt es sich um eine Auffassung die, an dem wahren Wesen des armen, hausbackenen „Dr. Käthe" genießen, nicht mehr komisch wirkt, sondern ein völker-psychologisches Dokument bildet. Auch der wilde Kampf der Bekenntnisse hat seine Sieges- und Friedensmünzen. Ein wahrscheinlich Magdeburgischer Taler gibt der Erbitterung gegen das berüchtigte Interim von 1548 kräftigen Ausdruck durch ein Teufelsbild und die Aufschrift: „Packe Di, Satan, Du Interim!" Wenig später erscheint eine Schaumünze „zu Ehre Markgraf Albrecht (des wilden Besiegten von Sievershausen (1552))und zu Schanden allen „Pfaffenknechte", eine Tendenz, die jener Taler des „tollen Christian" von Braunschweig mit der Inschrift „Gottes Freundt, der Pfaffen Feindt" noch einmal aufnimmt. Ein päpstlicher Scudo feiert die „Ugonottorum strages" der Bartholomäusnacht gemeinsam mit einer französischen Verherrlichung der „Virtus in rebelles". Zahlreiche Spottmünzen mit dem Papstkopfe zeigen umgekehrt ein Teufelshaupt. Der Wikingszug Karls XII. Von Schweden zur Befreiung der schlesischen Protestanten (1706) zeitigt eine große Menge mehr oder minder sinnreicher Medaillen, deren „anzüglichste" den bei Einziehung der evangelischen Kirchen allzu gierig gewesenen Mönch die Wahrheit des alten Wortes: „Allzuviel ist ungesund" an oder besser: in seinem Leib empfinden lässt. Schüchtern wagt sich die Toleranz hervor. Der Pfalzgraf Karl Ludwig baut 1680 in Mannheim der „heiligen Eintracht" der Bekenntnisse einen Tempel, bei dessen Einweihung je ein kalvinischer, lutherischer und katholischer Geistlicher predigen. Zur Erinnerung werden dukatenförmige goldene und silberne Münzen geprägt und unter die Teilnehmer verschenkt, die die Inschrift tragen: „Friedensburg gibt mir, ich ihr Schutz, Stärck und Zier". Hundert Jahre später aber breitet sogar der Kaiseradler Josephs II. seine Schwingen gleichmäßig über den katholischen und evangelischen Geistlichen wie über den Rabbiner.

Wieder andere Münzen geben in weltlichen Dingen guten Rat und erprobte Weisheit wieder. Auch hier zeichnen sich die Braunschweiger durch zahlreiche und mannigfaltige Stücke aus. Herzog August (1635-1666) empfiehlt mit dem Schiffstaler seine Devise „Alles mit Bedacht" den Reisenden. Julius und Heinrich Julius haben gewaltige Münzen, Ungetüme bis zu 95 mm Durchmesser und über 1 Pfund schwer, geprägt, die nicht etwa zum Ausgeben bestimmt waren, sondern die die Untertanen einwechseln und für den Fall der Not (der eigenen wie der des Herzogs) aufbewahren mussten. Diese „Lösertaler" wirkten zugleich als Reklame für die Harzer Silbergruben und stellen sich damit in die überaus stattliche Reihe der sogenannten Bergwerks- oder Ausbeutemünzen, die eine eigene Abteilung der Tendenz-Gepräge bilden. Bergwerksmünzen im allgemeinen Sinne sind die Stateren, die Philipp von Makedonien aus dem Gold des Pangäon schlug, die Viktoriaten der Römer aus hispanischem Silber, die sogenannten Regenbogenschüsseln aus böhmischem Gold, die Florene und Dukaten der Herzöge von Liegnitz, Schweidnitz und Münsterberg, sowie des Bischofs von Breslau aus dem Gold des Reichensteins und des Altvatergebirges. Eine auf den Bergbau bezügliche Inschrift tragen zuerst Kupfermünzen der römischen Kaiserzeit mit Aufschriften wie „Metalli Pannonici, Norici" u. ä. Dann folgen Denare Karls des Großen und Ludwigs des Frommen „Metallum" und „Metallum Germaniae". Die gleiche Bedeutung hat wohl das 100 Jahre später unter Boleslaus I. von Böhmen auftretende „Hämmerchen“. Der arbeitende Bergmann erscheint im 15. Jahrhundert auf einem Heller der oberschlesischen Grubenstadt Beuthen. Die neuere Zeit beschenkt uns dann mit einer großen Reihe von Ausbeute-Münzen, auf denen gelegentlich ganze Bergwerke dargestellt sind und die in den erst jetzt verschwundenen preußischen Talern mit der Inschrift „Segen des Mansfelder Bergbaus" ihre letzten Ausläufer hat. Ihnen an die Seite stellen sich die Dukaten, die man aus dem Waschgold einiger deutschen Flüsse, des Rheins, der Donau, der Isar, der Eder usw. gewonnen hat. Ein kostspieliges Vergnügen, denn die Auslagen überstiegen den Ertrag, d.h. den Nennwert dieser Goldstücke bedeutend. Die ist ein ergreifendes letztes Denkmal der uralten Sage vom Rheingold. Eine besondere Art „Ausbeute" verewigen die englischen Münzen mit der Inschrift VIGO. Sie sind aus den Schätzen der 1702 in der Bucht von Vigo gekaperten spanisch-französischen Silberflotte geprägt. Am Rande erwähnt seien hier auch die numismatischen Denkmäler sonstigen Bergsegens, z. B. an Salz, Zinn und die zahlreichen Schaustücke aus seltenen und neuentdeckten Metallen, wie Platin, Cadmium, Aluminium u. a., von denen nur das erste in Russland eine Zeit lang zur eigentlichen Münzprägung verwendet worden ist. Letztendlich noch die Erzeugnisse aus angeblich alchemistisch gewonnenem Silber, darunter besonders merkwürdig die Taler, die der einst gefeierte, später gehenkte Goldmacher Baron von Kronemann 1679 zu Ehren des Bayreuther Markgrafen Christian Ernst geprägt hat.

Die Geschichtsmünze!

Die höchste Blüte des Brauches, die Münze als Mittel zur Befruchtung und Beeinflussung der öffentlichen Meinung zu verwerten, stellt die sogenannte Geschichtsmünze dar. Ein Geschichtsdenkmal ist ja, wie schon auf den ersten Seiten dieser Arbeit ausgeführt wurde, jede Münze, teils für sich allein, teils mit anderen ihresgleichen im Zusammenhang und ebenso um ihres Gepräges willen, wie auch wegen ihres Metalls, Schrotes und Kornes, unter Umständen auch bloß ihres Formates halber und der Verhältnisse, unter denen sie unter uns kamen.

Als Geschichtsmünzen im eigentlichen Sinne bezeichnen wir die Münzen, die unbeschadet ihrer Eigenschaft als Kurantgeld die Erinnerung an ein historisches Ereignis der Nachwelt zu überliefern bestimmt sind und diese Aufgabe durch ein besonderes Gepräge zu erfüllen versuchen. Ihre Reihe beginnt schon mit den Griechen und ist so umfangreich, dass hier nur eine kurze Einordnung unter Hervorhebung einiger der wichtigsten und lehrreichsten Stücke gegeben werden kann. Wir nehmen aber auch die Medaille in den Kreis unserer Betrachtung mit hinein, nicht nur, weil sie die gleiche Absicht geschaffen hat und weil die Grenzen schwer zu stecken sind, sondern um eine zusammenhängende Übersicht zu erhalten über eine Folge, die unter dem großen Gesichtspunkt der Geschichte wie in zahlreichen Einzelheiten des Geschmacks, der Kunstfertigkeit, der Ethik außerordentlich lehrreich ist. Kurz gesagt ein Kulturdenkmal ersten Ranges! Die Münze wird hier geradezu zum Kampfmittel, ähnlich wie die Volkslieder, die ebenfalls stets leidenschaftlich Partei ergreifen. Wie oft finden wir dieselben Gedanken in einem Lied oder einer Münze ausgedrückt. Dies ist ein Beweis dafür, wie genau die Eisenschneider die Volksstimmung zu beurteilen wussten und wie sicher sie mit Verständnis rechnen konnten. Sie haben sich darin nicht getäuscht. Das Volk erwartete förmlich Medaillen, deren gewaltige Menge für ihren riesigen Absatz zeugt. Dort wo sie ausblieben, erfand sich das Volk selbst welche, sah Anspielungen, wo keine beabsichtigt waren und fantasierte von Stücken, die nie geprägt wurden.

Als die Stadt Syrakus sich aus eigener Kraft von Dionys dem Tyrannen nicht befreien konnte, rief sie ihre Mutterstadt Korinth an, die ihren Feldherrn Timoleon sandte. Er vertrieb den Tyrannen. Zur Verherrlichung seines Erfolges und in frommer Ehrung der Gottheit schlugen daraufhin die dankbaren Bürger Münzen mit dem Kopf von Zeus des Befreiers und dem Pegasus, dem Wappenbild von Korinth. Im Jahre 306 erkämpfte König Demetrios Poliorketes gemeinsam mit seinem Vater Antigonos bei Zypern einen großen Seesieg über den ägyptischen Herrscher Ptolemaios, den Sohn des Lagos. Zur Erinnerung an diese gewaltige Schlacht, in der nicht weniger als sechs der Könige, die man Diadochen nennt, mitkämpften, errichtete der Sieger ein Bild der Siegesgöttin, dessen Trümmer noch heute als Nike von Samothrake das Museum des Louvre schmücken. Man setzte dieselbe Göttin, zu erkennen an Posaune und Siegeszeichen, auf einem hochbordigen Kriegsschiff stehend, auf seine Münzen. Der eben genannte Ptolemaios schlug zur Erinnerung an den großen Alexander ein Stück mit dessen Haupt, das Bildnis-Züge mit Götterabzeichen seltsam paart und der sein eigenes Königtum zurücktreten lassenden Inschrift „Alexander- oder Alexandrinisches Geld des Ptolemaios (s. Abb. 74).

In geistiger Verwandtschaft stehen zu diesem Stück die Münzen, mit denen der Baktrerkönig Agathokles seinen Vorgänger im Reich Alexander den Großen, mit dessen Namen der Beginn der Kultur für den hellenischen Orient unlöslich verknüpft ist, den Seleuciden Antiochos II., dazu die einheimischen Fürsten Diodot und Euthydemos feiert (s. Abb. 6). Ein Ereignis, das in der gesamten Hellenenwelt ein ungeheures Aufsehen erregte, war der Tod des jungen Antinoos. Dieser Liebling des alternden Kaisers Hadrian beendete, in mystischer Schwärmerei im Jahre 130, freiwillig sein Leben im Nil, seines Herrn Glück damit zu mehren. Göttliche Ehren wurden ihm daraufhin überall erwiesen, teils auf Befehl des Kaisers, teils in eilfertiger Unterwürfigkeit der Städte, ebenso zahlreich sind nicht nur die Statuen, Büsten und Inschriften zu Ehren des neuen Gottes, sondern auch die Münzen (s. Abb. 75) mit seinem Bildnis, durch dessen weiche Schönheit manche wohl das Dulderhaupt von Golgatha zu verdrängen hofften. Die Gepräge der römischen Münz-Triumvirn mit ihren überaus zahlreichen geschichtlichen Erinnerungen sind bereits besprochen worden. Wie eifrig diese Herren am Werk waren, beweist die Tatsache, dass ein Marcus Lepidus sich zu zeigen bemüht, wie die ihm gleichnamigen Vorfahren an Zahl und Ruhm diejenigen seines Geschlechtsvetters Manius Lepidus übertreffen. Hier sei auch ein Denkmal eingereiht, welches eine römischen Niederlage abbildet, welche um so ergreifender wirkt, als auch in diesem Falle wie gewöhnlich des Liedes Stimmen schweigen von dem überwundenen Mann, dessen Haupt die Siegesgöttin mit ihrem Kranz nur flüchtig angerührt hatte. Im Bundesgenossenkrieg, der zunächst für die Römer unglücklich verlief und den erst Sulla beendete, schlugen die Verbündeten Denare (s. Abb. 76) mit dem Namen ihres Feldherrn G. Papius Mutilus, auf deren Rückseite eine Allegorie erscheint. Der italische Stier, die römische Wölfin niederschlagend. Dann sei aus den Kämpfen, die die Geburtswehen des neuen Kaisertums vorstellen, ein Stück hervorgehoben, gewiss die eindrucksvollste, ja großartigste aller Geschichtsmünzen (s. Abb. 77): Auf der Hauptseite steht das Bildnis des Brutus, das als Zeichen der Trauer um das Unglück des Staates einen Bart trägt, auf der Rückseite der Hut als Symbol der Freiheit zwischen zwei Dolchen, dazu die Inschrift „EID MAR“ (= (e)idibus Martiis), das Datum des Tages, an dem Caesar unter den Dolchen des Brutus und seiner Genossen fiel. Auch von den Kaisermünzen ist bereits erwähnt, dass ihre Gepräge sich überwiegend auf geschichtliche Ereignisse beziehen. Unter den zahlreichen Stücken, die römische Siege feiern, gelten eine ganze Anzahl (s. Abb. 78) den Erfolgen des Drusus und Germanicus in Deutschland und der dem letzteren geglückten Heimführung einiger in der Hermann-Schlacht verlorenen Feldzeichen. Von den Flaviern besitzen wir Münzen (s. Abb. 78) in allen Metallen zur Erinnerung an die Eroberung Jerusalems im Jahre 70. Sie zeigen die personifizierte Judaea, unter einem Palmbaum trauernd, einen Gefangenen, so wie erbeutete Waffen. Dann kommen die Parther an die Reihe: In prachtvollem Lapidarstil erklärt die Aufschrift „Rex Parthus" die Darstellung einer Münze, die eine andere mit drei Königen aus dem Morgenland vor dem Throne des Kaisers und der Aufschrift „Regna adsignata", fast in Ruhm-Redigkeit ausartend, noch überbietet. Es folgen Araber, Armenier, Quaden, Sarmaten, Goten, Franken, Alemannen und allerlei nicht nach Stämmen unterschiedene Germanen, und die Herrschaft der „Roma aeterna" über die „Tellus stabilita" scheint gesichert wie die „Temporum felicitas". Doch erinnern diese pompösen Siegesmünzen häufig an gewisse Kriegsbulletins neuester Zeit, und wenn Bismarck die Variante erfand: lügen wie telegraphiert, so könnte man hier angesichts des ständigen Niederganges des Reiches sagen: lügen wie gemünzt. Des weiteren seien an dieser Stelle auch Bronzen des Tiberius hervorgehoben, die ihn als den Wiederhersteller der durch Erdbeben zerstörten Städte Asiens feiern, wie sich auch Commodus auf Medaillons als Gründer der im Jahre 192 abgebrannten und von ihm neu aufgebauten Hauptstadt feiern lässt (s. Abb.79). Gleichzeitig treibt der „Cäsaren-Wahnsinn" eine seiner merkwürdigsten Blüten aus: Commodus lässt sich, den Kopf mit einer Löwenhaut bedeckt, als Herkules darstellen, wie er im Zirkus zur Schande des kaiserlichen Amtes und Namens sich dem Volk zeigte (s. Abb. 79). Unter dem sanfteren Zepter des Philippus trat Rom in sein tausendstes Lebensjahr. Dieses Jubiläum wurde in jener Zeit, die reich an Festen und Feiern war und mit der unseren so merkwürdig viele Berührungspunkte hat, natürlich mit großem Pomp gefeiert. Zahlreiche Münzen und Medaillons zeigen Darstellungen der großen Festspiele, insbesondere der seltenen Tiere, die dabei in der Arena erlegt wurden. Unscheinbare Bronzen kündeten den offiziellen Einzug des Christentums in Rom an, eine Bronze ist auch das Denkmal des letzten schweren Kampfes, den der neue Glaube dort überstehen musste. Julianus der Abtrünnige setzte den Apis-Stier auch auf seine römischen Münzen mit der sonst dem Christusmonogram gegebenen Umschrift: „Securitas reipublicae", die Hauptseite aber zeigt sein Bildnis mit dein Philosophenbart, den er der herrschenden Mode zum Trotze trug und in einer eigenen Schrift „Misopogon" (Der Barthasser) verteidigt hatte.

Aus der Völkerwanderungszeit betrachten wir hier nur ein Stück aber eins von besonderer Wichtigkeit, obwohl uns die Veranlassung seiner Prägung unbekannt ist. Es handelt sich um ein Goldmedaillon, das entgegen dem Brauch beim Kurantgeld das Bild des gewaltigen Helden Dietrich von Bern zeigt. Allerdings nicht auf die Weise, wie wir ihn uns beim Lesen des Nibelungenliedes oder der Thidreksaga vorstellen, mit wallendem Bart und den Flügelhelm auf dem Haupt, sondern in römischer Bekleidung und Ausstattung, anscheinend eine kunstvoll gelockte Perücke tragend und mit römischer Titulatur. Eine interessante Parallele zu dem so tragisch verlaufenen Versuch des großen Königs und seines weisen Kanzlers Cassiodor, ein deutsches Reich auf welschem Boden zu gründen.

Nicht minder reich als das Altertum ist das Mittelalter an Geschichtsmünzen, die oft Vorgängen derselben Art gelten, wie die antiken Münzen. Eine besondere Lieblingsvorlage der mittelalterlichen Stempelschneider ist die Hochzeit ihrer Herren. Schon römische Kaiser hatten sich mit ihren Gemahlinnen unter dem segnenden Schutz der Juno Pronuba darstellen lassen.

Kaiser und Fürsten lassen sich gerne auf Münzen prägen!

Valentinians III. und Marcians Vermählung feiern Goldstücke mit dein jubelnden Wunsch: „feliciter nuptiis". Daran schließt sich eine unübersehbare Reihe von Münzen der byzantinischen und der deutschen Kaiser, von Böhmen, Polen, Dänemark und zahlreichen deutschen und fremden Gebieten, die sich teils durch die Anbringung der Bilder oder Namen des Herrscherpaares, teils durch heraldische Darstellungen als Denkmäler fürstlicher Ehebündnisse zu erkennen geben. Mit ganz besonderem Eifer haben die Münzer Herzog Wladislaws I. von Böhmen (1101- 1125), seines gleichnamigen Sohnes und seines Bruders Sobeslaw die Familienchronik des Herrscherhauses der Přemysliden illustriert, wobei sie es gern unter den sichtbaren Schutz des Himmels stellen. Wir sehen den Engel, der den ersehnten Thronerben bringt, ein Engel hebt die genesende hochschwangere Frau auf, dann wohnen wir der Taufe des Kindes und der Einsegnung der Mutter bei, schließlich sind es wieder Engel, die den verstorbenen Herrscher in die Ewigkeit begleiten (s. Abb. 81). Siegesmünzen, durch ein Schwert und die Beischrift „Victoria" gekennzeichnet oder durch die Nachahmung antiker Vorbilder auffallend, haben uns die Kaiser Heinrich II. und Konrad II. Hinterlassen. Die des letzteren beziehen sich gleich denen Gottfrieds von Oberlothringen auf die 1037 geschlagene Schlacht von Bar, die als ein Sieg des Kaisers über das französische Königreich gewaltiges Aufsehen erregte. Der älteste und größte polnische Brakteat ist ein Denkmal der Bußfahrt, die Boleslaw III. († 1139) aus Anlass der Ermordung seines Halbbruders Sbignew zum heiligen Adalbert unternahm. Die Ächtung Heinrichs des Löwen, auf dessen Sturz der S. 156 besprochene Brakteat anspielt und seine Vertreibung aus Bayern durch Otto von Wittelsbach vermutet man auf breiten Denaren dargestellt, die einen geharnischten, einen Löwen bekämpfenden Mann zeigen. Allerdings ist es unsicher, ob dieses Bild nicht geistlich zu deuten ist. Um dieselbe Zeit beginnt die Reihe der Sterbemünzen, wenn nicht schon mit einem Denar Albrechts des Bären oder einem unbeschrifteten Stück des Rathauer Fundes, dann jedenfalls mit dem herrlichen Brakteaten, der das Bild des Erzbischofs Wichmann von Magdeburg († 1192) in der göttlichen Aura (Mandorla) zeigt, die sonst nur Heilige umgibt. Höchst merkwürdigerweise erscheint fast gleichzeitig auch im Orient ein solches Stück. Der Sultan von Diarbekr schlägt eine Kupfermünze (Abb. 82) zum Andenken an Saladins Tod (1193), die auf der Rückseite vier klagende Frauen zeigt. Auffällig spärlich sind die numismatischen Erinnerungen an die Kreuzzüge, wenn man einmal von den Münzen absieht, auf denen ein Kreuz die Heerfahrt nach dem heiligen Grabe bedeuten kann, falls es nicht doch etwas anderes anzeigt. Wir haben außer einem etwas undeutlichen Pfennig Ludwigs I. von Bayern, aus der Zeit zwischen 1214 und 1248, auf dem das Wappentier, der Panther, unter einem Palmbaum dargestellt zu sein scheint, nur einen sehr schön gearbeiteten Denar Roberts II. von Flandern (1065-1111) mit der Inschrift: „Moneta Roberti Comitis Hierosolymitani" und dem Bilde des siegreich heimgekehrten Gottesstreiters im Friedensgewand, der das Schwert des irdischen Kampfes und die Palme des ewigen Lebens (Abb. 83) hält. Auch die Zeit der friedlichen Jerusalem-Fahrten hat ihre numismatischen Denkmäler: Münzen, die Landgraf Wilhelm von Hessen zum Andenken an seine 1491 unternommene Pilgerreise zum heiligen Grab geprägt hat, sowie einen Schilling Bogislaws X. von Pommern, der, fünf Jahre später nach der gleichen Reise geschlagen, seltsamerweise den Landgrafen feiert, vielleicht weil er den Prägeherrn mit seinen Erfahrungen beraten hatte. Man findet auch eine nachweisbar erfundene Münze, nämlich die angebliche Denkmünze Eberhards des Greiners, des angriffslustigen Grafen von Württemberg († 1392), von der Uhland in der Ballade „Der Überfall im Wildbad" singt:

Als drauf der Graf gerettet zu Stuttgart sitzt im Saal, Heißt er 'ne Münze prägen als ein Gedächtnismal.

Der Graf hat das Recht der Heller-Prägung im Jahr 1374 vom Kaiser verliehen bekommen, während der Überfall im Wildbad allerdings schon 1367 stattfand. Diese beiden Tatsachen hat man in einen unzulässigen Zusammenhang gebracht.

Mit dem 16. Jahrhundert nimmt die Zahl der Gedächtnismünzen außerordentlich zu und wieder einmal ist es Deutschland, das mit seinen Talern, insbesondere denen von Sachsen und Braunschweig, allen anderen Ländern weit voraus schreitet. Die Prägung derartiger Stücke wird etwas so gewöhnliches, dass man fortan ganze Gruppen, nach bestimmten Ereignissen geordnet, unterscheiden kann. Da sind zunächst die Hochzeitsmünzen, die Fortsetzung der bereits erwähnten aus gleicher Veranlassung im Altertum und Mittelalter entstandenen Reihe, hier dürfte Ludwigs XV. von Frankreich 1725 geschlossene Vermählung mit Maria Lesczynska den Rekord der Zahl erzielt haben. Auch zur Feier der silbernen und goldenen Hochzeit hat man gelegentlich solche Münzen hergestellt. Unter den letzteren ist der, auf Grund seiner Beschaffenheit und dem gut gelungenen Bildnis, sehr beliebte Doppeltaler König Johanns von Sachsen (1872) wohl der bekannteste. Die Geburt eines Thronerben (auch schon ihre bloße Erwartung) und fürstliche Wiegenfeste sind ebenfalls häufig der Anlass zur Ausgabe von Gedächtnismünzen gewesen, sowie Todesfälle im Herrscherhaus und der damit unter Umständen verbundene Regierungsantritt eines neuen Herrn. Wie im Mittelalter ein kleiner Böhmenkönig eine besonders stattliche Familienchronik in Münzen aufweisen konnte, so gehen in neuer Zeit die noch unbedeutenderen Herzöge von Württemberg-Oels allen anderen Fürstenhäusern voran. Ihr kunstfertiger Eisenschneider, der Nürnberger Johann Neidhardt, hat ihnen in etwa 30 Jahren über 50 verschiedene Schaumünzen und Medaillen geliefert, deren Inhalt sich mangels aller Taten, die diese Herren getan haben könnten, jedoch nie wirklich getan haben, in dem bekannten Worte erschöpft: „Er ward geboren, nahm ein Weib und starb". In den besonders zahlreichen Sterbetalern hat das, aus Grauen und einer Art von Behagen gemischte Gefühl, mit dem unsere Vorfahren laut Zeugnis der Bilder und Verse so vieler Totentänze den Abschluss des Daseins betrachtet haben, noch einmal einen lebendigen Ausdruck gefunden. Neben Skelett und Totengebein beherrschen die Bibel und seit Ende des 16. Jahrhunderts die oft mit einer antiken Reminiszenz ausstaffierte Allegorie das Feld in Bild und Aufschrift, und wir treffen unter unsäglichem Durcheinander auch manches noch heute recht eindrucksvolle Stück. So zeigt der Sterbetaler der Königin Anna, der Gemahlin des habsburgischen Ferdinand (1547), das Bild des verwitweten Gatten mit dem zum Zeichen der Trauer stehen gelassenen Bart (vgl. S.189) und auf der Rückseite die rührende Aufschrift: „Wir klagen's Gott". Den jugendlichen letzten Piasten, Georg Wilhelm von Liegnitz († 1675), begleitet eine wohl von Kaspar von Lohenstein erfundene Medaille mit der blühenden Aloe und dem tiefen Wort: „dum florui, morior“ (In der Blüte sterbe ich). Der Eisenschneider Lohenstein hat auch für die Mutter des Herzogs ein Schaustück erfunden, das das horazische „non omnis moriar" durch eine verblühende Mohnpflanze gedankenvoller verewigt als z. B. Wilhelm Ernst von Weimar durch eine sinkende Sonne. Das antike: „invenit portum" wird durch die beliebte Formel „deo duce" ins Christliche übersetzt und die salomonische Klage „omnia vanitas" gibt im Jahr 1679 dem Sachsen-Eisenbergischen Eisenschneider Gelegenheit zur Anbringung einer ganzen Sammlung von Symbolen der Vergänglichkeit: Totenkopf und Seifenblase, Blumentopf und Rauch.

Die Stadt Osnabrück setzt auf die Taler, die sie zu Ehren des gefallenen Vorkämpfers der evangelischen Freiheit Gustav Adolf schlägt, den ebenso schlichten wie ehrenvollen Spruch: „Ein guter Hirt lässet sein Leben für die Schafe", die langatmigen Verse aber, mit denen der letzte Pommernherzog 1654 in sein spätes Grab gelegt wird, sind, wie ein Beobachter seines Sterbetalers in dem ungewollten Doppelsinn des uralten Wortspiels sagt, wirklich „kläglich". Und auch hier ist wieder die gern getäuschte Volkssage die Erfinderin: Der Taler Friedrichs des Großen mit der doch so genauen Angabe des Todestages (17. A. 86) (in der die Punkte jedoch die Münzstätte bezeichnen) ist eben sowenig eine Sterbemünze, wie der Friedrich Wilhelms IV. mit der Jahreszahl 1861.

Auch der Krieg mit seinen Schlachten, Belagerungen und Eroberungen findet in den Geldstücken der neueren Zeit seine Denkmäler, und nicht weniger auch der edle Friede. Die Schlachten von Mühlberg (1547) und Lepanto (1571), Lätzen (1632) und Fehrbellin (1675) hat der Münzgraveur ebenso verherrlicht wie die Friedensschlüsse von Münster und Osnabrück (1648), von Altranstädt (1706) und Nimwegen (1679) usw.

An den Frieden von St. Germain en Laye (1679) knüpft sich wiederum eine weitere Münzfabel: Bei seiner Unterzeichnung soll der über die Treulosigkeit des Kaisers erbitterte Große Kurfürst das virgilische Wort gesprochen haben: „Exoriare aliquis nostris ex ossibus ultor", das er dann auch auf eine Medaille habe setzen lassen. Sogar gelehrte Geschichtswerke haben dieses Hirngespinst für „bare Münze" genommen.

Ganz besonders haben Städtebelagerungen unsere numismatischen Sammlungen bereichert. Einmal mit den nur im weiteren Sinne zu den Geschichtsmünzen zu zählenden Notmünzen, die man in Ermangelung ordnungsmäßigen Geldes entweder aus oberflächlich zurechtgeschnittenem Tafelgeschirr oder aus Kupfer, Leder und Papier herstellte, und die aus dem großen niederländischen Unabhängigkeitskrieg, aber auch aus den Kämpfen Karls I. von England und zahllosen deutschen Fehden, in Mengen vorhanden sind. Es gibt jedoch auch Erinnerungsmünzen auf glückliche und verunglückte Belagerungen, wie auf die Unternehmung Wallensteins gegen Stralsund (1628) und die Einnahme von Regensburg durch Bernhard von Weimar (1633) u.v. a. Das Merkwürdigste in dieser Beziehung hat wieder einmal ein braunschweigischer Herzog geleistet, der bereits (S. 184) erwähnte August, der eine ganze Reihe Taler (7 Stück, die Stempelverschiedenheiten einmal außer Acht gelassen), auf die seit Anno 1626 vergeblich gesuchte und endlich Anno 1643 (am 13. September) erhaltene Evakuierung der zuerst von den Dänen und dann von den Kayserlichen besetzten Festung Wolffenbüttel hat schlagen lassen.

Die Glockentaler

Die Erfindung dieser im wesentlichen nichts anderes als die Aufhängung und Instandsetzung einer Glocke darstellenden, daher „Glockentaler" genannten Stücke, wird dem berühmten Württemberger Theologen Johann Valentin Andreae verdankt, der als der Verfasser der utopischen „Christianopolis" und zahlreicher allegorischer und satirischer Schriften scheinbar der richtige Mann für diese Arbeit war. Er hat in diese Taler so viel hineingeheimnisst, dass selbst die alten Betrachter und Kenner über die Bedeutung mancher Einzelheit uneinig sind. Uns jüngeren Nachkommen sagt dieses Lied von der Glocke nicht viel mehr als etwa, um mit den Worten eines Sammlers der Vorzeit zu reden: „sie alle zusammenzubringen machet viele Freude". Außerordentlich fruchtbar sind die Türkenkriege. Schon die Zahl der Medaillen und Gedächtnismünzen auf die erfolglose Belagerung Wiens, im Jahre 1683 ist Legion. In ihnen wie in den Denkmünzen auf die Siege der kaiserlichen Armee in Ungarn macht sich gelegentlich eine, das sonst gewohnte Maß offizieller Freude überschreitende, wilde Begeisterung, ein unglimpflicher Hass gegen den „Türken" bemerkbar, wie ihn nur die Jahrhunderte alte Erbitterung gegen den grausamen Feind der Christenheit erklärt. Arbeiten hier private Künstler in Nürnberg, Augsburg, Wien, Gotha und anderwärts im Interesse ihres Handels oder allenfalls um hoher Rekommendation willen für die Verherrlichung des geradezu unwürdig umschmeichelten „großen" Leopold, des „Turcarum terror", so hat König Ludwig XIV. die Kunst auch hier in den offiziellen Dienst des Staates und seiner Person gestellt. Er ließ unter Leitung mehrerer Akademiker und bei eigener allerhöchster Beteiligung durch Mauger, Coypel, Le Clerc und andere hervorragende Graveure eine sogenannte „Histoire maallique" seiner Regierung herstellen, eine Reihe von nicht weniger als 400 Medaillen, die seine verschiedenen Siege und Erfolge verherrlichte. Dieses Werk, das schon die begeisterte Bewunderung aller Zeitgenossen erregte, selbst derjenigen, die „ein recht patriotisch gesinntes teutsches Hertz" hatten und denen deshalb die Erinnerung an so viel Schmach und Not des Vaterlandes (ein Stück zeigte z. B. die „Heidelberga deleta") „sehr verdrießlich gefallen" sein mag, ist weder vorher noch nachher überboten worden und gilt noch heute als das vollkommenste seiner Art.

Vierzig Jahre später sind es die Kämpfe Friedrichs des Großen, die eine wahre Hochflut von Medaillen und Gedächtnismünzen hervorrufen und zahlreichen Grabsticheln in ganz Deutschland, Österreich, den Niederlanden und England Beschäftigung geben. Auch hier beteiligte sich der König selbst lebhaft am Werk, obwohl er eine Abneigung dagegen hatte, sich malen zu lassen und daher zugeben musste, dass weder seine Bildnisse noch seine Medaillen seine Züge ähnlich wiedergaben. „Aber", fügte er hinzu: „les médailles attestent plutót les époques qu'elles ne sont fidéles aux ressemblances". So hat er auch zahlreiche Stücke in Auftrag gegeben, an den Entwürfen geändert, gemeinsam mit Maupertuis Inschriften ausgedacht und dergleichen mehr, alles zur größeren Ehre nicht seiner Person, sondern seines Staates. Bezeichnend ist für ihn, wie er die noch heute häufige Medaille Kittels mit der knienden Silesia beim Einzug in Breslau an seine Offiziere verteilt, mit dem Hinzufügen, er schenke ihnen die Medaille, zu der sie selbst den Stempel gemacht hätten. An Medaillen auf den ersten schlesischen Krieg besitzen wir etwa 40, der zweite ist mit 45, der dritte mit 150 verschiedenen Stücken beteiligt, die Friedensschlüsse mit eingerechnet. Der Teschner Friede von 1778 fügt noch 50 weitere hinzu. Sie sind trotz gewisser natürlich immer wiederkehrender Gedanken außerordentlich zahlreich und gerade um ihrer großen Anzahl willen höchst lehrreich. Die hohe Kunst weiß nicht allzu viel von ihnen, manche Bilder des Königs sind völlig unkenntlich und insbesondere die häufigen Darstellungen von Schlachtfeldern fast durchweg höchst kindlich gestaltet. Ein guter Teil hat aber auch gar keine künstlerischen Bestrebungen. Aus Kupfer oder Messing hergestellt, roh geschnitten, einen falschen Namen (z. B. wird der König auch einmal Karl Friedrich genannt) und ein unrichtiges Datum nicht scheuend, zählen sie auf die „gut fritzische" Gesinnung des Volkes, die es mit solchen Kleinigkeiten nicht genau nahm. Und mit feinem Verständnis treffen gerade diese minderwertigen und hässlichen Stücke einen, für den kleinen Mann vielleicht mehr als für die hohen Diplomaten, bedeutungsvollen Gesichtspunkt, indem sie Friedrich als den Verteidiger der Protestanten, als den Kämpfer für Herd und Altar feiern. Die meisten anderen Medaillen, insbesondere alle in Österreich entstandenen, geben sich prunkvoll. Sie plündern den ganzen Olymp und die Heroenwelt des Klassizismus: Minerva, Viktoria, Fama, Klio, Saturn sowie Herkules, Perseus und Geryon marschieren auf, dazu Fluss- und Stadtgötter und personifizierte Reiche und Tugenden, auch der Traum Josephs von den sich neigenden Garben muss herhalten. Volkstümlichen Charakters sind die Glocke von Leuthen, die „Gloria" läutet, und der Krieg, der „ein Loch hat" wie die Medaille. Ein Löwe wehrt sich gegen bissige Hunde, der preußische Adler tauscht Schnabelhiebe mit anderem Geflügel, zwei Widder rennen mit den Hörnern am Schädeln gegeneinander. Den Koliner Sieg verherrlicht sogar Rom mit einer prachtvollen Medaille, die die Kaiserin Maria Theresia als eine Art „Bellona“ (Römische Kriegsgöttin) abbildet. Die Darstellung eines Wiener Stücks, eine vom Blitz zerschmetterte Pyramide, übernimmt ein Jahr später Georgi in Berlin, um auf Befehl des Königs in möglichst deutlicher Antithese die Schlacht von Leuthen zu feiern. Und selbst zu diesem Reichtum erfand das Volk, das mit der Menge des Gebotenen nicht zufrieden war, noch auf eigene Faust Stücke, die in Wirklichkeit nicht existierten.

Man erzählte, Friedrich der Große habe die russische Elisabeth durch einen nach geprägten Rubel verspottet, auf dem sie statt „Imperatrix“ „Meretrix totius Russiae“ genannt wurde, worauf sie mit einem Taler geantwortet habe, auf dem ein Bart das Antlitz des Königs dem seines Lieferanten Ephraim zum Verwechseln ähnlich machte. Unter dem Einfluss dieser beziehungsreichen Gepräge trat 1762 Moses Mendelssohn mit dem Vorschlage auf, Ephraim sollte auf den Ein- und Zweigroschen-Stücken die Taten Friedrichs verewigen, er selbst wollte mit Ramler und Nicolai die Darstellungen ausarbeiten, Mail sollte sie zeichnen und Ramler die Aufschriften entwerfen. Der Plan scheiterte, als Lessing eine von Mendelssohn erfundene Medaille als zu gelehrt verwarf, wurde jedoch im Jahr 1801 von dem Kgl. Münzmedailleur Abraham Abramson noch einmal aufgenommen, um jedoch auch diesmal unausgeführt zu bleiben. Die Medaille bleibt die fast ausschließliche Herrin auf diesem Feld und sie ist es, die die großen Ereignisse zu Beginn des neunzehnten Jahrhunderts kommentiert. Die gewaltige Heldenlaufbahn Napoleons hat auch in der Numismatik ein würdiges Denkmal hinterlassen. Eine prachtvolle Medaillenreihe, die der Direktor der Pariser Medaillenmünze D.V. Denon in Verbindung mit Allier geschaffen hat. Steht auch Denon bei uns als Kunsträuber sehr schlecht da, rufen die Medaillen selbst auch ähnliche Empfindungen bei uns wach wie die Ludwigs XIV., so erkennen wir doch bewundernd den Reichtum an Erfindungsgabe, wie die kaum je vorher geleistete Sauberkeit und Eleganz dieser, den Denkmälern des Altertums vielfach nachgebildeten Stücke, an. Etwas ähnliches gedachte der Zar Alexander durch den Grafen Feodor Tolstoj zu schaffen, indem er die Begebenheiten der Jahre 1812 und die darauf folgenden Jahre auf 65 mm großen Medaillen mit seinem Bildnis als Held Rodomysl darstellen ließ. Ebenfalls wunderschöne Bildwerke von feinstem Geschmack in antikem Stil. Wie sehr stellen diese Münzen dagegen unsere deutschen Erinnerungszeichen in den Schatten: Bescheidene Medaillen in Zinn und Eisen, dazu jene pfennig-großen Silberstückchen mit der fliegenden Siegesgöttin, deren ständige Aufschrift: „Gott segnete die verbündeten 'Waffen" auf der anderen Seite durch die Angabe eines Sieges ergänzt wird. Und dennoch steht diese armselige Einfachheit würdig zu seinem Volk, dessen eiserne Schmucksachen damals die Inschrift trugen: „Gold gab ich für Eisen"!

Die Tradition der Geschichtsmünzen halten in der folgenden Zeit zahlreiche deutsche Taler aufrecht, unter denen die Reihe der bayerischen Geschichtsdoppeltaler erwähnt werden sollen. Dann folgen die Jahre 1866, wo sich zum ersten Mal das ehrwürdige Haupt des großen Kaisers mit dem Lorbeer schmückte und 1871, wo fünf deutsche Staaten die Aufrichtung des Deutschen Reiches mit einem Talergepräge feierten, sowie ein sechster (Baden) zu gleichem Zweck einen Kreuzer schlug, den auch der Kleinste und Ärmste als Andenken aufbewahren mag, ohne sich wirtschaftlich zu schaden. Was für kulturgeschichtliche Betrachtungen knüpfen sich an die Vergleichung dieser kleinen Kupfermünze mit den Silberklumpen der Lösertaler, die einst die braunschweigischen Untertanen eintauschen mussten! Und welch eine Fülle von Erinnerungen traurigster und erhabenster Art tut sich vor uns auf, wenn wir von der Gruppe dieser fünf Taler zurück sehen auf den Doppelgulden, den die Stadt Frankfurt im Jahre 1849 schlagen ließ mit der Inschrift: „Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, erwählt zum Kaiser der Deutschen"!

Die Schützentaler

Eine besondere Gruppe von Geschichtsmünzen bilden die Schützentaler. Im Mittelalter gestiftet, um die Bürger der Städte zur Wehrhaftigkeit zu erziehen, später durch die Söldner-Wirtschaft verdrängt und durch die allgemeine Wehrpflicht entbehrlich gemacht, haben die Schützengilden mehr und mehr an Bedeutung verloren. Als ein Band der Einigung zwischen getrennten Stämmen noch immer mit großem Aufwand gefeiert, obwohl schon im Jahre 1862 Bismarck das berühmte Wort gesprochen hat, dass die große Politik nicht mit Reden und Schützenfesten, sondern mit Blut und Eisen gemacht wird, sind ihre Feste vielfach zur gewöhnlichen Volksbelustigung, zum „titulus bibendi“ herabgesunken. Diese ganze Entwickelung spiegelt sich auch in den numismatischen Denkmälern, den Münzen und Medaillen, wieder. Wir besitzen eine sehr große Anzahl von Münzen, die von Fürsten und Städten als Preise bei Armbrust-, Büchsen- und Stückschießen verausgabt wurden und von denen die ältesten ein Breslauer Goldstück von 1577 und ein Taler der Stadt Frankfurt a. M. von 1582 sein dürften, während die jüngste der 1872 im Auftrag der Stadt Hannover geprägte letzte deutsche Taler ist. Nehmen wir dazu noch die zahlreichen, oft mit Schmelzfarben verzierten und zu kunstvollen Anhängern ausgestalteten Medaillen und Schaustücke, mit denen der „Vogelkönig", der Fürst, der Rat und sonstige Gönner, das Königszeichen und die verschiedenen Ketten und Becher der Gilde hingen, haben wir das prächtige Bild einer einst in Lebensfreude prangenden Einrichtung, die Jahrhunderte hindurch der Stolz des Bürgers war. Da sticht dann die Massenware der modernen Medaillen-Massenfabrikation, oft nur durch ein eingeritztes Datum von Tausend ihresgleichen unterschieden, bedenklich ab und bietet auch ihrerseits ein Bild, das Bild des Niederganges. Und der nicht sehr vornehme Zug unserer Zeit für Feste und „Ehrungen" findet den seiner würdigen Ausdruck in der ebenso unübersehbaren, wie grausigen Flut gleichartigen Schundes, der die Versammlungen, Jubiläen und sonstigen Vereinsfeste der Krieger und Turner, Sänger und Radler, mitsamt den Tagen, Kongressen und Ausstellungen gleichen Kalibers „verherrlicht". Vornehmer haben die Schweizer die numismatischen Andenken ihrer Schützenfeste, die bei ihnen noch immer eine große politische Rolle spielen, zu halten gewusst. Eine stattliche Reihe oft sehr anmutiger, zuweilen mit hübschen Städte- und Landschaftsbildern versehener Fünf-Franken-Stücke.

„Heimsuchungen Gottes in Zorn und Gnade" sah der fromme Sinn der alten Zeit in allen Ereignissen des Weltverlaufs, sie alle erscheinen daher den Eisenschneidern gleich würdig der Verewigung. Die Chronisten und Tagebuch-Schreiber verzeichnen mit derselben Sorgfalt Taten, Heiraten und Sterben ihrer Regenten, wie böses Wetter, gute Ernte, Maßernten und Pestilenz. Und wie ein böhmischer Stempelschneider des 12. Jahrhunderts die schrecklichen Naturereignisse seiner Zeit durch einen Pfennig mit dem Haupt des Satans verewigt, in dem man den Urheber dieser verderblichen Überschwemmungen sah, hat auch die Folgezeit auf Kometen und Heuschreckenzüge, Hagelschläge und Wasserknappheit, Teuerung und Seuche Medaillen geprägt. Meist sind es unscheinbare Stücke von geringer Arbeit, offenbar für den kleinen Mann bestimmt, und man wundert sich, dass in böser Zeit jemand Lust gehabt hat, sein Geld für solchen Tand auszugeben. Die meisten modernen Menschen würden wohl sogar die Aufbewahrung einer Erinnerung an traurige Erlebnisse ablehnen, wie denn auch die letzte Cholera-Medaille bereits aus dem Jahre 1832 stammt. Aber die alte Zeit dachte anders und so werden selbst diese Gepräge, in richtige Beleuchtung gerückt, zu „documents humains".

Die hier nur eben angedeutete Menge und Mannigfaltigkeit zeigt deutlich, wie beliebt die Schaustücke von jeher gewesen sind und widerlegt sehr genau und gründlich die oft gehörte Behauptung, das Volk kümmere sich nicht um das Gepräge seiner Münzen. Und diese Beliebtheit ist nicht vergangen. Nicht nur, dass Künstler und Medaillenfabriken noch alljährlich zahlreiche Geschichtsmedaillen mehr im privaten Interesse wie im offiziellen Auftrag anfertigen, auch die staatliche Prägung hat sich trotz aller, durch die Verkehrsinteressen angeblich gebotenen und vom Bürokratismus geförderten, Einfachheit der Geldstücke der Ausgabe von Geschichtsmünzen nicht auf die Dauer entziehen können. Dänemark und Schweden, Russland und Ungarn, Brasilien und die Vereinigten Staaten haben in unseren Tagen von Neuem mit der Ausgabe solcher Stücke begonnen und auch Deutschland hat sich zu dieser Maßnahme wiederum bequemen müssen. Schon seit langer Zeit hatten die Münzsammler über die Unterdrückung der Gedächtnismünzen lebhaft geklagt, den Bundesrat mit Bittschriften überschüttet und die Angelegenheit im Reichstage zur Sprache bringen lassen.

Geschichtsmünzen und Familienmedaillen erleben eine Wiederbelebung!

Im geistigen Zusammenhang mit der von der Majestät selbst angeregten Wiederbelebung der Familienmedaillen steht das Gesetz vom 1. Juni 1900, das den Bundesrat ermächtigte, „Fünf- und Zweimarkstücke als Denkmünzen in anderer als der gewöhnlichen Prägung herstellen zu lassen". Von dieser Ermächtigung wurde zuerst für Preußen Gebrauch gemacht. Zur Feier seiner Erhebung zum Königreich erschienen 1901 die bekannten Geldstücke, die leider nur zu sehr den Spott und den Tadel rechtfertigten, die sich von allen Seiten über sie ergossen. Etwas wirklich Schönes, auch nur den besseren Leistungen unter den jüngsten Geschichtstalern vergleichbar, bieten auch die übrigen bisher erschienenen Stücke nicht. Der Ausdruck der Hoffnung, dass der uralte Stamm der Geschichtsmünzen auch in Deutschland grüne Zweige und frische Blüten treiben möge, schließen deshalb diesen Abschnitt.

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