Die Rolle der Münze in der weltpolitischen Entwicklung

Richtig betrachtet und behandelt, gewährt die Numismatik vielleicht den höchsten Genuss unter allen Bildungsmitteln: sie regt gleichzeitig das Schönheitsgefühl und das politisches Denken an, sie verbindet den Genuss des Forschens mit der Lust des Besitzes, sie blickt in die Vergangenheit zurück und wirkt für die Zukunft. So erscheint sie uns als ein Zweig, ein würdiger Ableger jener Universalgeschichte, deren Begriff und Wert Schiller in seiner Antrittsvorlesung in leuchtender Klarheit und reiner Schönheit entwickelt hat. Heutzutage, wo dank der Naturwissenschaft der Begriff der Entwickelung zum Gemeingut und auch im geistigen Leben heimisch geworden ist, stehen wir den Erfindern und den Erfindungen anders gegenüber als vergangene Generationen. Wir wundern uns nicht mehr, zusammen mit dem bekannten Schriftsteller Klopstock darüber, dass (Zitat):„vergraben ist in ewige Nacht - der Erfinder großer Name zu oft“, sondern wir erkennen, dass das was wir Erfindung nennen in den seltensten Fällen wie die Statue „Pallas Athene“ gewappnet und bewehrt aus dem Haupt des Vaters entsprungen ist, dass es sich vielmehr in langer Ausbildung, in unmerklichem Fortschritt entwickelt hat, um dann oft an mehreren Orten gleichzeitig seine Vollendung zu erreichen.

So ist es sicherlich auch mit der Münze gewesen. Ihre Erfindung wird von Strabo auf Grund einer Nachricht des Ephoros (im vierten Jahrhundert v. Chr.) dem König Pheidon von Argos, einem Abkömmling des Herakles in der elften Generation, beigelegt. Dieser soll zu erst in Aegina wirkliches Geld geprägt haben. Diese Angabe weist auf die Zeit um 700 v. Chr. hin und wir besitzen auch in der Tat Münzen mit dem Bilde einer Schildkröte (Abbildung 1), die nach ihrem Stil zu den ältesten, überhaupt erhaltenen Geprägen gehören und somit in die angegebene Zeit passen. Dagegen schreibt Herodot, der „Vater der Geschichte", im Einverständnis mit Xenophanes die Erfindung der Münze den Lydern zu, die er bemerkenswerter Weise an derselben Stelle als die ersten Krämer bezeichnet. Auch seine Nachricht ist glaubhaft, denn der Reichtum der Lyder ist durch den Namen ihres letzten Königs, des Krösus († 554) sprichwörtlich geworden und die Umgebung ihrer alten Hauptstadt Sardes ist noch lange Zeit eine ergiebige Fundstätte für offenbar uralte Goldmünzen gewesen, mit den auch an sonstigen Kunstwerken dieser Gegend nachweislichen Bildern des Löwen und des Stieres (s. Abb. 1), die zum Teil noch über Krösus hinaus reichen. Mit diesen Goldstücken aber sind wieder andere asiatische Münzen in Silber und der „Elektron" genannten Mischung beider Edelmetalle im Gewichtssystem verwandt, die teils auf Phokaea und andere Städte Joniens, teils auf Kyzikos an der Propontis hinweisen. Wir besitzen sogar Münzen der im Jahre 510 zerstörten Stadt Sybaris und des etwa gleichzeitig verschwindenden Siris (s. Abb. 36), die allem Anschein nach nicht die ältesten Unteritaliens sind und so kommen wir auch hier in das siebte Jahrhundert hinein. Nun haben uns auch verschiedene nordgriechische Völker und Städte, Geldstücke (s. Abb. 37) mit allen Anzeichen sehr hohen Alters hinterlassen. All diese Stücke sind Erzeugnisse aus geprägtem Edelmetall, während das etwas spätere Geld der Völker Mittel-Italiens aus Kupfer besteht und gegossen ist. Was ihm an innerem Wert abgeht, ersetzt es durch umfangreiche Größe und Gewicht.

Wer die Münze erfunden hat & wann bleibt unklar!

Die neue Erfindung muss einem allgemein gefühlten Bedürfnis entgegengekommen sein, denn sie breitete sich mit großer Schnelligkeit aus, sodass wir oft ansehnliche Münzreihen von Städten besitzen, von denen wir sonst kaum mehr als den Namen wissen. Bald nach dem Jahr 450 dürfte die gesamte hellenische Kulturwelt im Besitz von gemünztem Geld gewesen sein, dass sie auch vollständig nutzten. Selbstverständlich ist dies verhältnismäßig spät, vergleicht man es mit China, das sich damit rühmt bereits im 2. Jahrhundert Münzen besessen zu haben, allerdings in Formen, deren Zweck und Bedeutung der westlichen Welt wohl immer verborgen bleiben werden: Säbel, Messer, Stimmgabeln und dergleichen. Aber wir haben es nicht nötig, uns mit ihrer Enträtselung zu quälen, denn wie hoch man auch sonst die Bedeutung Chinas für unsere Kultur schätzen oder überschätzen möge, seine historischen Münzen haben für uns keine große Bedeutung.

Ob nun die Erfindung der Münze, um die an die Spitze des ersten Abschnitts gestellte Begriffsbestimmung zu wiederholen, des Metallstücks von bestimmtem Wert mit festgesetztem Zeichen, überall der ehrenvolle Verdienst eines Herrschers ist, steht völlig dahin. Die antike Überlieferung, die außer den vorhin genannten noch andere Namen nennt, darunter auch eine Frau, Demodike, die Gemahlin des Königs Agamemnon von Kyme, ist hier nicht maßgeblich, sie unterliegt der allgemein menschlichen Neigung, große Dinge mit einer bestimmte Persönlichkeit zu verbinden.

Es wird im nächsten Abschnitt aufgedeckt, mit wie guten Gründen die Behauptung verfochten wird, Priester seien die Erfinder der Münze gewesen. Im vierten Abschnitt wird dargelegt werden, dass auch die Kaufleute sich um diese Ehre bewerben und dass ihre Ansprüche angesichts der Entwickelung, welche der Münze vorausgeht, durchaus nicht so unbegründet sind, als es zunächst scheint. Wir haben diese Entwickelung vergessen und sind es gewöhnt, in der Münzprägung ein ureigenes Recht des Staates zu sehen. Es ist daher sinnvoll schon an diesem Punkt davon auszugehen, dass die Erfindung der Münze, wie sie sich an verschiedenen Orten vollzogen hat, auch das Erzeugnis verschiedener Faktoren gewesen ist, ein aller Wahrscheinlichkeit nach nicht gleich von Anfang an in allen seinen Beziehungen durchdachtes Mittel, das hier so und dort anders sich war und überall bestimmte Bedürfnissen und Bestrebungen zu dienen.

Wie dem auch sei, es unterliegt keinem Zweifel, saß sich die Staatsgewalt der neuen Erfindung bald überall bemächtigt und die Ausgabe von Münzen als ihr Hoheitsrecht in Anspruch genommen hat. Der Einfluss der Priester wurde jedenfalls so schnell zurückgedrängt, dass unsere Quellen an diese „Säkularisation" keine Erinnerung mehr haben. Bei Platon erscheint die Ausgabe von Geld sozusagen als eine der begrifflich notwendigen Obliegenheiten des Staates und für Aristoteles ist sie etwas so Selbstverständliches, dass er bei der Aufzählung verschiedener Ämter die ein Gemeinwesen nötig hat zwar bis zu Aufsehern über Frauenleben und Kinderzucht hinabsteigt aber über die Münze kein Wort verliert. In seiner Wirtschaftslehre erscheint sie sogar nur als Wichtigstes unter den nutzbaren Rechten des Königtums. Diese Selbstverständlichkeit des staatlichen Charakters der Münze spiegelt sich in der eifrig gehüteten Ausschließlichkeit der obrigkeitlichen Prägung wieder. Wie Herodot berichtet, hat dem Statthalter Aryandes von Ägypten schon der Versuch es den Goldstücken seines Königs Darius mit einer Silbermünze, hinsichtlich der Güte, gleichzutun das Leben gekostet. Bis auf den heutigen Tag wird nirgends ein Recht des Privatmannes auf die Ausgabe von Geld anerkannt und nur ganz vereinzelt sind die Ausnahmen zugunsten von Unternehmungen aus Übersee und in Zeiten des Geldmangels gewesen. Die englische und die niederländische ostindische Kompanie haben eigenes Geld hergestellt, genauso wie unsere Kompanie aus Neuguinea und die Kolonien in England. Es wurden gegen Ende des 18. und 19. Jahrhunderts, als das Münzwesen in Folge der Kriege gegen Frankreich zerrüttet war, von einzelnen Privatleuten, Banken, Bergwerken usw. große Massen sogenannter „Token" aus Kupfer ausgegeben. Sie lassen sich mit dem Papiergeld vergleichen, dass in Österreich im Jahre 1848 herausgegeben wurde. Dagegen gestattete der Staat den Privatleuten, die Form der Münze auf ihre Zwecken zu formen.

Münzen werden für den Tauschhandel unentbehrlich!

Die Münze erwies sich nämlich alsbald als ein bequemer und handlicher Gegenstand, dass man ihr noch andere Obliegenheiten als die Vermittlung des Gütertausches übertragen konnte. Nicht nur dass sie, wie später eingehend gezeigt werden wird, der Prunksucht, der Vaterlandsliebe, der Beeinflussung der öffentlichen Meinung dienstbar gemacht werden konnte, Zwecke für die sie sogar einen besonderen Ableger mit eigener Entwickelung, die Medaille (s. fünften Abschnitt), hergab. Die Münzform eignete sich auch vorzüglich als Zeichen einer geschuldeten oder empfangenen Leistung. Daher besitzen wir schon aus altgriechischer Zeit münz-förmige Marken, die im Marktverkehr gebraucht wurden und sogar Stücke, die mit den Festspielen im Theater im Zusammenhang standen oder die den geschworenen Richtern als Ausweis in der Heliaea gedient haben. Rom besaß ebenfalls nicht nur Konsummarken, sondern auch sogenannte „Einlaßzeichen“ für den Zirkus, die mitunter den Besuchern gewisse Spenden gewährleisteten: „panem et circenses" pflegte man mit Vorliebe gleichzeitig zu gewähren. Marken, auf die man eine bestimmte Menge Getränke erhielt, also Vorläufer unserer Biermarken, werden ebenfalls erwähnt. Andere Stücke sind nach den darauf angebrachten, oft höchst unsittlichen Darstellungen zu urteilen, in Bordellen verwendet worden. Das Mittelalter und die neue Zeit haben dann weitgehend und zu den verschiedensten Zwecken Marken geschaffen. Die Kirche bediente sich ihrer bei Abendmahlsfeiern, Wallfahrten und sonstigen religiösen Angelegenheiten. Die Gemeinden benutzten sie als Nachweis einer geleisteten Arbeit, als Anweisung auf eine Spende der Armenverwaltung und dergleichen. Nach der feucht-fröhlichen Sitte des Rheinlandes wurde die Teilnahme an den Ratssitzungen mit solchen Zeichen gelohnt, die in Köln die Inschrift „Bibite cum laetitia“ „Trinkt in Fröhlichkeit", trugen. Die Einlösung solcher Stücke im Ratskeller, gegen einen Trunk Wein war gewiss ein zweckmäßiges Mittel, ein beschlussfähiges Haus zu bekommen. Letztendlich gibt es noch zahllose Marken von Herrschaften und Gewerbetreibenden, namentlich Bergwerken, Müllern, Brauern, von Vereinen aller Art, darunter die höchst merkwürdigen Abzeichen der französischen Narrengesellschaften im Mittelalter, die oft mit bösem Spott staatliche und namentlich kirchliche Embleme nachäffen. Das Material, aus dem alle diese Stücke gemacht sind, ist überwiegend unedles Metall: Kupfer, Blei, Zinn, Eisen. Es gibt aber auch Stücke aus Knochen, Ton, Leder, Holz und in Ostasien noch Glas und Porzellan. Selbst diese Erzeugnisse haben die Regierenden nicht unangefochten gelassen, denn es ist mehrfach vorgekommen, dass bürokratische und journalistische Unwissenheit gegen die Ausgabe solcher Marken und gegen die unberechtigte Ausübung eines Münzrechts zu Felde gezogen ist. Während der Jahrhundertwende begann der sogenannte „Allerweltsstoff“ Papier die Verwendung der Münzform für diese Zwecke sehr einzuschränken.

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