Das Tischgerät

Kanne. Lüneburg 1590Kanne. Lüneburg 1590 0,27 hoch.

Besonders beliebt sind ovale und runde Schüsseln, höchst pompös mit getriebener Arbeit bedeckt, auf dem Grunde gewöhnlich eine heroische, auch wohl eine Genre-Darstellung, auf dem Rand dick aufliegendes Blumenwerk. Es sind Platten ohne Einfassung, lediglich aus dem Silberblech getrieben, an den Kanten gewöhnlich nur gewellt. Auf derartigen Platten überreicht man symbolische Geschenke bei Festlichkeiten und Huldigungen, sie treten also direkt an die Stelle des alten „Willkommen-Bechers“. Auch kleinere Teller dieser Art sind solche »Präsentierteller« als wertvolle Unterlage für Präsente. Für den Luxus der neuen Fürstenhöfe wird Tafelsilber geschaffen, welches, wie schon erwähnt, zu gleicher Zeit eine leicht kontrollierbare Ansammlung des Silbervorrates für Notfälle darstellte. Im Gegensatz zu den Pokalen der Renaissance, welche so leicht wie möglich aus dünner Wandung heraus getrieben sind, finden wir das Tafelsilber des 17. und 18. Jahrhunderts in dickem Guss hergestellt, und so schwer, dass eine einzelne Terrine des Berliner Schlosses von zwei Mann getragen werden muss. Außer den Tellern und Schüsseln, welche benutzbar bleiben müssen, ist das meiste lediglich Schaugerät, welches die Mitte der breiten Tafeln in voller Länge, oft zu zwei Reihen, einnahm oder im Prunk-Büfett aufgebaut wurde. Ein solches Büfett ist erhalten im Rittersaale des Berliner Schlosses, eines von vielen, die hier vorhanden waren: Die Silbergeräte sind nicht mehr wie bei den Festen des XVI Jahrhunderts gelegentlich aufgesetzt, sondern vielmehr fest eingefügt. Den Hauptbestandteil bilden die Becken und Kannen. Die Sitte, das Handwasser nach Tisch zu reichen, ist noch nicht abgekommen, hat aber nach Einführung der Gabeln keine ernstliche Bedeutung mehr. Dass für das Büfett in Berlin auf einmal einige zwanzig solcher Stücke beschafft und außerdem fest an der Wand befestigt wurden, zeigt, dass sie nur noch Schaugerät sind. Kanne und Schale ganz verwandter Art, besonders schöne Augsburger Arbeit von Pfeffenhauser, Anfang des 18. Jahrhunderts, zum Teil vergoldet. Eine ähnliche, nachträglich vergoldet, im Besitz des Grafen Behr-Negendank. Bei zwei ausgezeichnet gearbeiteten Becken und Kannen mit Stempeln von Paris sind die Becken nicht flach, sondern wannenförmig gestaltet.

Schüssel. Arbeit von Albert Grim. Berlin 1680. 0,33 Durchm
Schüssel. Arbeit von Albert Grim

Ebenso sind Schaugerät auf dem Berliner Büfett die mächtigen Wasserblasen und die dazu gehörigen Becken, mit massiven Figuren versehen, ferner die Flaschen, welche sogar die Form der alten Umhänge-Flasche, der Pilgerflasche, beibehalten, während sie zu nicht mehr beweglicher Größe und Schwere anwachsen.

Silberbuffet des kgl. Schlosses in Berlin, nach einem Stiche von 1703. Über 5,00 Höhe
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Von derartigem dekorativen Silber ist in England bei den reichen Korporationen sehr vieles, von zum Teil kolossalem Maßstabe erhalten, einige Stücke von ganz besonderer Größe als Geschenke des englischen Hofes in Petersburg. Daneben erfährt das eigentlich benutzte Tafelgeschirr eine sehr erhebliche Erweiterung. Ausgebildet wird die Suppenterrine, die Sauciere, in den jetzt noch üblichen Formen, ferner Eiskessel, Kühlbecken mit gewelltem Rand zum Einhängen der Gläser, besondere Körbe und Ständer für Trauben, Apfelsinen und anderes kostbares Obst, Löffel und Messer in verschiedensten Formen nebst den Messerbänken.

Kanne und Schale von Pfeffenhauser. Augsburg, Anfang XVIII Jahrh.
Kanne 0,23 hoch, Schale 0,53 lang, 0,45 breit
Kanne und Schale von Pfeffenhauser

Das Salzfass ist nicht mehr ein monumentaler Aufsatz in der Mitte des Tisches, sondern neben allerlei Streubüchsen ein zierliches Gerät, in vielen Exemplaren über den Tisch verbreitet. Die Schale auf hohem Fuß verschwindet. Der Tafelaufsatz inmitten des Tisches wird ein zierlicher, durchsichtiger Bau, welcher auf der Grundfläche die kleinen Geräte, Gewürzbüchsen, Senftöpfe und ähnliches aufnimmt, nach oben hin Obstschalen und Lichter enthält, übrigens noch vielfach, wie im Mittelalter, durch Zusatz von Figuren symbolische Anklänge bekommt, je nach dem Geschmack der Zeit.

Kanne und Schale. Paris 1777-78. Kanne 0,32 hoch,
Schale 0,39 lang, 0,22 breit
Kanne und Schale

Lauben und Tischfontänen

Im Rokoko haben wir große Lauben, in welche die damals neu entstandenen und sehr kostbaren Porzellanfiguren eingeordnet werden. Gegen Ende des Jahrhunderts herrscht der Klassizismus, Trajanssäulen, Viktorien auf Quadrigen oder sogar die Ruinen der Tempel von Pästum, in Metall und Halbedelsteinen ausgeführt. Die Sitte der Tisch- und Zimmerfontänen ist auch noch lebendig.

Flasche aus dem kgl. Schlosse. Augsburg um 1700. 0,77 hoch.
Flasche aus dem kgl. Schlosse

Eine erhebliche Erweiterung des Formen-Kreises bringen die neu aufkommenden Getränke Tee, Kaffee und Schokolade. Die Formen sind zum Teil durch die chinesischen Porzellane bestimmt, werden aber selbständig umgebildet. Die Tassen sind aus Porzellan, bei der Seltenheit dieses Materials im Anfange des 18. Jahrhunderts oft mit silbernen Untertassen. Die Kannen sind für jedes Getränk verschieden, für Schokolade zylindrisch oder geschweift, mit Griff an der Seite, zum Quirlen hergerichtet, für Kaffee und Tee, wie bis heute, einschließlich der Teemaschinen, Sahne-Töpfe und Zuckerschalen. Für das Gebäck ist eine beliebte Form der geschweifte Korb mit durchbrochener Wandung.

Der fürstliche Luxus der Zeit verlangte auch das Wasch- und Toilettengerät aus Silber, ebenso große Besteckkasten für die Reise, im stärksten Gegensatz gegen das kleine Besteck, welches früher der einzelne an einem Gehänge an seiner Seite trug. Die Zahl der für die Körperpflege nötigen Geräte, der Schachteln, Büchsen und Dosen, ist schier unendlich, für jegliche Spielart des Bedarfes wird eine besondere Form geschaffen. Goldenes Toilettengerät der Kaiserin Maria Theresia in Wien. Große Toiletten in ledernen Gehäusen in Petersburg, im Germanischen Museum und an vielen Höfen.

Die silberne Zimmereinrichtung bezeichnet die folgenschwerste Ausdehnung des Luxus. Im Zimmer der Renaissance finden wir gelegentlich einen einzelnen Prunk-Tisch, den Schreibtisch, mit Silber beschlagen. Arbeiten dieser Art, die Kunstschränke, finden ihre Fortsetzung in das 18. Jahrhundert hinein: So im Museum die beiden sogenannten Moskowiter Kunstschränke, welche um 1700 als Geschenk des russischen Hofes nach Berlin gelangten, von denen der kleinere sicher, der größere wahrscheinlich Augsburger Arbeit ist. Die ungeheuerliche Überladung mit Schmelz, Steinen und Figuren mag auf Rechnung des Geschmackes der Besteller kommen. Von sehr zierlicher Augsburger Arbeit aus Schildkrot und getriebenem Silber ist das mit einer Uhr versehene Schränkchen, welches der Prinzessin Amalie, Schwester Friedrichs des Großen, gehört hat.

Kaffeekanne
Kaffeekanne. Paris 1758. 0,26 hoch.
Puderdose Gold. Paris 1773-74.
Puderdose Gold. Paris 1773-74. 0,12 1/2 hoch.

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